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159. Hoffnung.
Und dräut der Winter noch so sehr Da wacht die Erde grünend auf,
mit trotzigen Geberden, weiß nicht, wie ihr geschehen,
und streut er Eis und Schnee umher, und lacht in den sonnigen Himmiel
es muß doch Frühling werden. hinauf
und möchte vor Lust vergehen.
Sie flicht sich blühende Krünze ins
Haar,
und schmückt sich mit Rosen und Aehren,
und läßt die Brünnlein rinnen klar,
Blast nur, ihr Stürme, blast mit als wären es Freudenzähren.
Macht, Drum still! Und wie es frieren mag,
mir soll darob nicht bangen; o Herz, gib dich zufrieden!
auf leisen Sohlen über Nacht Es ist ein großer Maientag
kommt doch der Lenz gegangen. der ganzen Welt beschieden.
Und wenn dir oft auch bangt und graut,
als sei die Höll' auf Erden:
nur unverzagt auf Gott vertraut!
Fs muß doch Frühling werden. Geibel.
160. Frühlingsglaube.
Die linden Lüfte sind erwacht, sie säuseln und weben Tag
und Nacht, sie schaffen an allen Enden. O frischer Duft, o neuer
Klang! Nun, armes Herze, sei nicht bang! Nun muß sich alles,
alles wenden.
Die Welt wird schöner mit jedem Tag, man weiß nicht,
was noch werden mag; das Blühen will nicht enden. Es blüht
das fernste, tiefste Thal. Nun, armes Herz, vergiß der Qual!
Nun muß sich alles, alles wenden. iAlhland.
161. Gottos Zuoht.
1. Wenn alles eben kümeé, wie du gewollt es hast, und Gott
dir gar nichts nühme und gab' dir keins Last: wie wär's da um
dein Sterben, du Menschenkind, bestellt? Du müsstest fast ver-
derben, so lieb war dir dis Wolt.
2. Nun fallt — eins nach dem andern — manch süsses
Band dir ab, und heiter kannst du wandern gen Himwel durch
das Grab. Dein Zagen ist gebrochen, und deine Seole hofft.
— Dies ward schon oft gesprochen; doch spricht man's nie
zu oft. Fougus.
162. Das Gewitter.
1. Urahne, Großmutter, Mutter und Kind
in dumpfer Stube beisammen sind.
Es spielt das Kind, die Mutter sich schmückt,
Deuisches Lesebuch B. 3