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zenug geschlummert habe, 
erweckst du mich! 
Wie den Träumenden wird's daun 
uns sein! 
MNit Jesu gehn wir ein 
zu seinen Freuden! 
Der müden Pilger Leiden 
sind dann nicht mehr! 
Ach, ins Allerheiligste fülhrt mich 
mein Mittler dann, lebt' ich 
im Heiligthume 
zu seines Namens Ruhme! 
Halleluja! Alophock. 
164. Die TFeujahrsnacht eines Unglüoklichen. 
Bin altor Mensch stand in der Neujahrsmitternacht am Fen- 
zter und schaute mit dem Blek cine bangen Verzweiflung aut 
zum unbeweglichen, ewig blühenden Himmel und herab auf die 
ztille, reine, woisse Prdo, auf weleher jetet viemand o rend 
und zeblaflos war als er. Denn sein Grab stand nahe bei ihm; 
es Var bloss vom Schnee des Alters, nicht vom Grun der Jugend 
verdeekt; und er brachte aus dem ganzen, reichen Leben niebts 
mit als Irrthümer, Sünden und Ktanscheiten „ einen verheorten 
körper und eine verödete Seelo, die Brust voll Gift und ein 
Alter voll Reue. Seins schönsten Jugendtago wandten sich heute 
als Gespensster um und z2ogen ihn wieder vor den holden Morgen 
hin, wo ihn sein Vater zuerst auf dep Scheideweg des Lebens 
gostellt hattoe, der rechts auf der Sonnenbahn der Tugend in ein 
weites, ruhiges Land voll Licht und Pruten ind voli Engel bringt 
und links in dis Maulwurfsgüunge des Lacters herabzieht, in eine 
Schwarzo Höhle voll heruntertropfenden Giftes, voll zischender 
Schlangen und finstereor, gehwület Dumpfeo. 
Ach, die Schlangen hingen um céine Brust und die Gift- 
tropfen auf seiner Zunge, und er wussto nun, wo er war. 
Sinnlos und mit unaussprechlichem Grame rief er um Him- 
mel hinauf: Gib mir die Jugend vieder0 Vater, stello mich 
wieder auf den Scheideweg, damit ien anders wahle! 
Aber sein Vater und vSeins Jugend varen länget dahin. Er 
Sah Irrlichter auf Süumpfen fanzen vnd auf dem Gottesacker er- 
loschen, und er gagte: Es sind meine thörichten Tagel — Er 
sah einen Stern aus dem Himmel Biehen und im Faulen schim- 
mern und auf der Erde zerrinnen. Das bin ich,“ vagte gein 
blutendes Herz, und die Sehlangenzühne der Reue gruben in den 
Wunden wöeiter. 
Die loderndeo Phantasio geigte ihm fliehende Nachtwandler 
auf den Dachern, und dis Winämunle hob drobend ihre rms 
zum Zerschlagen auf, und oine im leoren Todtenhauss zuuck 
gebliebens Larve nahmm allmühlich peinoe Züge an. Mitton in dem 
Kampfeé floss plötzlieh dis Musik für das Neujabhr vom Turme 
hernieder wie ferner Kirchengesang. Er wurde vanfter bewegt. 
Er gchaute um den Horizont herum und über die Erde, und er 
dachte an, seine Jugendfreunde, die nun glueksicher und besser 
als er, Lehrer der Erde, Väter geklicher Kinder und gosegnete 
Menschen waren, und er gagte: O, ich könnte auch, wié ihr, die 
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