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wird von einer bösen Schlange benagt. Cine der Seiten des Baumes
beginnt — die Vergänglichkeit andeutend zu faulen, und nach dem
Weltbrand bleibt nichts von ihm übrig als ein Klotz.
Aus : Deutsche Pflanzensagen von A. v. Perger.
461. Die Eiche.
Wie man den Löwen wegen seiner stolzen Kraft mit Recht den
König der Thiere genannt hat, so ist die Ciche, die Königin unter den
deutschen Waldbäumen. Jn ihr vereinigt sich Schönheit und Stärke
und Dauerhaftigkeit; die in ihr lebende Kraft entwickelt sich zwar lang-
Ò»ÓÄÍÔÒeËÊſt…NnNCllsso Erscheinung ist der ausgewachsene Baum.
Man findet Eichen von 8~9 Meter im Umfang und 37 Meter Höhe.
Cinen Eichstamm von 30 Jahren kann noch ein Knabe mit seiner
Hand umspannen; erst nach 200 Jahren ist der mächtige Baum völlig
entwickelt. Dafür kann er auch ein Alter von mehr als fünf Jahr-
hunderten erreichen. Ein alter Eichbaum mit seiner ranhen, geborstenen,
von Moos durchfurchten Rinde und dem Zickzack seiner Aeste steht in-
mitten der jungen und schnell vergehenden Stämme da wie ein greiser
Erzvater unter seinen Kindern, Enkeln und Urenkeln. Wie der Sturm
auch tobt, er bietet ihm Trotz und rührt sich nicht. Auch seine Rinde
ist eisenfest und so stark, dass sie den schwersten Hieben der Art lange
widersteht. Sogar in den schönen, glänzend grünen und ausgezackten
Blättern ist die Kraft erkennbar; selbst wenn sie gewelkt sind, harren sie
den Winter hindurch noch aus, bis das neue Laub sie im Frühling verdrängt.
Wälder, die aus lauter Eichen bestehen, findet man nicht leicht :
der Baum liebt es vielmehr, einsam zu stehen oder im Gemisch mit
anderen Laubarten. Herrliche Gruppen davon findet man oft in der
norddeutschen Tiefebene; kein schöneres Bild gibt es, als wenn mehrere
dieser ehrwürdigen Bäume auf saftig grünem Rasen beisammen stehen
und ein klarer Quell zwischen ihnen hindurch rieselt, und das Blau
des Himmels hier und da durch das Laubdach scheint. Möchten der
Bauer und der Gutsherr diesen edelsten Schmuck ihrer Felder doch
überall mit echter Liebe hegen und schonen!
Unscheinbar, aber doch auch von gedrungener Kraft zeugend, ist die
Frucht des Baumes, die Eichel. Sie ist zwar kein wohlschmeckendes
Obst, vber geröstet giebt sie einen stärkenden Kaffee, der oft von den
Aerzteu als Heilmittel verordnet wird. Für das zahme Schwein ist
f! eine vortreffliche Mast, und dem Wildschwein bietet sie eine Lieh-
ingsnahrung.
f z!h iude der Ciche hat scharfe und bittere Stoffe in sich, welche
eine sehr gute Lohe zum Gerben des Leders geben.
Von den Eichen unterscheiden wir zwei Arten: die Winter- oder
Steineiche und die Sommereiche. Jene hat eine mehr braune und
gefurchte Rinde. Sie bleibt etwas niedriger als die Sommereiche, aber
ihr Holz ist das festeste und dauerhafteste. Das Laub bricht etwas
später hervor, und die Bliite erscheint erst am Ende des Mai.