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Über Vulkane im allgemeinen und die Vulkane Deutschlands
im besonderen.
a) Allgemeines.
(1. Meselt.) Nachdem wir in verschiedenen Gegenden Deutschlands Vulkane ge-
Runden, zuletzt noch den nmchtigen Vogelsberg, nehmen wir Veranlassung, uns mit dem
Vulkanismus zu beschäftigen.
Wir haben früher einmal die Erde mit einem Bratapfel verglichen. Daran können
wir anknüpfen. Bleibt der Apfel zu lange in der Ofenröhre, so platzt er an einigen Stellen,
der Fruchtbrei tritt durch die Hautrisse und überlagert die Schale. Auch in der Erdrinde
entstanden und entstehen Spalten, und aus ihueu dringt dann die fenrig-flüssige Masse
des Innern hervor, erkaltet und bildet einen Berg, der sich durch erneute Ausbrüche
immer mehr vergrößert.^) Wo wir heute einen „feuerspeienden" Berg sehen, war also
ursprünglich ein Berg nicht vorhanden; er ist erst durch die über dem Spalt sich au-
häufenden Auswurfmassen entstanden. Infolgedessen bestehen die sogenannten seuerspeieudeu
Berge ans eigenartigen Gesteinen, die wir fönst ans der Erde nur da finden, wo die
elfteren vorhanden sind oder einmal vorhanden waren. Dieselben sind aus der Tiefe
heraufgestiegen ans Tageslicht und werden kurzweg wohl als Ausbruch- (Ernptiv-)Gesteine
bezeichnet. Sie überlagern hnmer diejenigen Formationen, die zu der Zeit des Auswurfs
die Oberfläche bedeckten. So lagert z. B. das vulkanische Vogelsgebirge, wie Skizze S. 157
zeigt, auf der Braunkohlen- (Tertiär-) uud Buntsandstein- (Trias-)Formation. Das be-
kannteste Auswurfgestein ist der fchwarze Basalt, der „Teufelsmohr", wie Goethe ihn
nannte. Er wird häufig als Straßeupflasterung benutzt. Die Basaltdurchbrüche salleu
größtenteils in die Braunkohlen-(Tertiär-)Zeit. Die Druchbruchgesteiue älterer Zeiten
haben eiueu etwas anderen Charakter und führen andere Bezeichnungen.2) Nicht immer
drang die feurige Masse bis an die Oberfläche, mitunter ist sie den Formationen von
unten her gewissermaßen eingespritzt. Später können diese Fremdgesteine infolge Weg-
waschnng der Formationen doch freigelegt werden und, iudem sie selbst der Abtragung besser
widerstehen, als vulkanische Berge in die Erscheinung treten.
(2. Ursachen.) Daß in der Erdrinde infolge der Abkühlung, Faltung, Abrutschung,
Spa lteu entstehen müssen, ist erklärlich. Schwieriger ist die Frage zu beantworten, wodurch
die feurigen Massen des Innern veranlaßt werden, in die Spalten hinauszutreten.
Einesteils wird das in dein Druck, begründet sein, den die Erdrinde auf die inneren
Massen ausübt, aber es sind zweifellos noch andere Ursachen dabei thätig. Die Haupt-
rolle spielt wohl der Wasserdampf mit seiner ungeheuren Spauukrast dabei, indem er
die Glutmassen hinaufbefördert und Aschen und Steine tausende von Metern in die Luft
fchleudert. Wie er mit den Glutmassen in Beziehung tritt, steht nicht ganz fest.3)
*) Ein nicht unpassender, wenn auch wenig ästhetischer Vergleich ist der mit einer
vernachlässigten eiternden Wunde. Wird der Eiter nicht entfernt, so häuft er sich zu einer
Erhöhung. In dieser hält sich ständig ein Kanal offen, aus dem immer ueuer erhärtender
Eiter austritt. Verstopft er sich, oder kann er die Menge des Eiters nicht abführen, so
brechen am „Fuß" oder au den Seiten des Eiterberges „neue Löcher auf, ein Vorgang,
der sich auch bei fast allen Vnlkanen vollzieht. Beim Ätna z. B. zählt man an 700
kleiner Vulkane.
2) In der neuzeitlichen, (fpec. Tertiär-)Periode treten als vulkauifche Gesteine außer¬
dem Basalt noch Trachyte, Dolerite, Phonolithe n. f. w. auf.
^Manche Gelehrte (Hopkins, Dntton) meinen nicht, daß die Kanäle bis ins Erd-
innere führen. Sie denken sich in der Erdrinde „Zellen" mit glutflüssiger Masse, von
denen aus die Vulkane gespeist würden. Jeder Vulkan hätte also nach dieser Auffassung
seinen eigenen, nicht übermäßig tief gelegenen Herd. Das ist auch die Ansicht der wenigen
Forscher, die an ein feuerflüssiges Erdinnere überhaupt nicht glauben, sondern die Erde
als einen durch uud durch sesten Körper ansehen, dessen mächtiger Kern etwa aus Eisen
bestehe.^ Auch sie denken sich als Herde der Vnlkane solche noch nicht zur Erkältung ge-
langte Feuerzellen, oder aber, sie meinen (Dntton), unter gewissen Bedingungen können die
erstarrten Massen wieder glutflüssig werden und durch Spalten an die Oberfläche gelangen.