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Unterdessen kamen sie der Stadt näher. Der Herzog wollte nicht
mit dem Bauer ins Tor gehen, um ihn nicht zu erschrecken, und
schritt deshalb rasch voran. Da rief die Schildwache: „Wache rausl
Der Bauer sstutzte und dachte, das sei wohl ein Unteroffizier gewesen,
mit dem er gesprochen habe. Bald darauf hörte er das Spiel ruhren
und erschraß. Und als er nun von der Schildwache erfuhr, daß es
der Herzog selber gewesen sei, wollte er sich micht in die Stadt
hineinwagen. Der Soldat merkte seine Angst und fragte, was ihm
fehle. „Ach, eck hebbe öhm sau veel dumm Tug segt!“ stõhnte der
Bauer und erzahlte das ganze Gespräch. Der Soldat hannte den
Herzog besser und sprach dem Bauer Mut ein. Dieser ging also in
die Stadt, verkaufte geschwind seine Waren und eilte dann nach Hause.
Den folgenden Morgen ganz trüh ließ der Amtmann den Bauer
zu sich rufen und fubr ihn an: „Ihr schändlicher Mensch seid beim
Herzog gewesen und habt mich verklagt.“ „Ach, du leiber Gott,
nee! Eck bin ja nich bi öhm wesen; hei kam ja tau mik!“ stotterte
der Bauer und dachte, es werde ihm ubel ergehen. Aber wie freute
er sich, als er hörte, daß ihm die ruckstandigen sechsjahrigen Ab-
gaben erlassen wären. — Der Herzog hatte noch denselben Abend
den Befehl geschickt: wenn ein redlicher Untertan durch Unglucks-
fälle arm geworden sei und die Abgaben nicht bezahlen könne, so
solle der Amtmann dem Landesherrn Vorstellungen daruber machen,
damit dieser die Abgaben erlassen könne und doer Ungluckliche nicht
ganz verderben musse; und wenn es der Amtmann noch einmal so
mache wie mit diesem Bauer, so werde er sogleich abgesetzt werden.
Voller Freuden stürzte der Bauer nach seinem Hause und er—
zahlte nun seiner Prau die ganze Geschichte, und er machte ihr den
Vorschlag, sie wollten dem Herzog die Kuh schenken. Die Frau
sagte gern ja; der Mann band der Kuh einen Strick um die Hörner
und zog sie nach Braunschweig, gerade auf das Schlob zu. Hier
fragte er die Schildwache, in welchem Zimmer der Herzog wohne.
Die Schildwache zeigte ihm die Fenster. Nun hielt der Bauer mit
seiner Kuh auf dem Schloßplatze und machte jedesmal einen tiefen
Diener, wenn sich an den Fenstern ein Kopf zeigte. Endlich traf es
gich, daß der Herzog heraussan. Er bemerkte sogleich den Bauer,
ließ ihn fragen, was er wolle, und schickte ihm dann ein Geschent
herunter, damit er seinen Weg nicht umsonst getan hätte. Die Kuh
mußte der Bauer wieder mitnehmen, und er war zuerst ordentlich
betrübt daruber, daß der Herzog sie nicht behalten wollte.