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3. Allzufrüh und fern der Heimat mußten hier sie ihn begraben,
während noch die Jugendlocken seine Schultern blond umgaben.
4. Und am Ufer des Busento reihten sie sich um die Wette;
um die Strömung abzuleiten, gruben sie ein frisches Bette.
5. In der wogenleeren Höhlung wühlten sie empor die Erde,
senkten tief hinein den Leichnam, mit der Rüstung auf dem Pferde.
6. Deckten dann mit Erde wieder ihn und seine stolze Habe,
daß die hohen Stromgewächse wüchsen aus dem Heldengrabe.
7. Abgelenkt zum zweiten Male, ward der Fluß herbeigezogen;
mächtig in ihr altes Bette schäumten die Busentowogen.
8. Und es sang ein Chor von Männern: „Schlaf in deinen Helden⸗
ehren!
Keines Römers schnöde Habsucht soll dir je dein Grab versehren!“
I9. Sangen's, und die Lobgesänge tönten fort im Gotenheere.
Wälze sie, Busentowelle, wälze sie von Meer zu Meerel
142. Die Schlacht auf den Catalaunischen Feldern.
Meinhold Bahmann.
Im Strome der Völkerwanderung. Dresden-Leipzig. S. 126.
Weit und breit erklang im Reiche der Goten das Heerhorn. Boten
jagten die Heerstraßen entlang, die waffenfähige Mannschaft zum Kriegs—
dienst in König Theodorichs Namen zu entbieten und im Volke die
Kunde zu verbreiten: „Die Hunnen kommen, die Hunnen kommen und
an ihrer Spitze König Attila, die Gottesgeißel!“ Wer jemals das
Schwert geschwungen, der griff jetzt zu den Waffen. Von der Wand
nahm er den rostigen Panzer, den zerschrotenen Schild, den vielleicht
sein Ahne bei Adrianopel oder vor Rom getragen hatte, und begann
daran zu reiben und zu bessern. Aus dem Winkel zog er den Wurf—
spieß und das lange Schlachtschwert und prüfte dessen Schneide, ob sie
scharf genug sei, eines Hunnen Schädel zu spalten. Wohin man sah,
allüberall erblickee man gewappnete Männer mit kampfeslustigen Mienen
und frohem Mute zum Heerbann König Theodorichs ziehen. Aber nicht
nur in dem Westgotenreiche, nein, im ganzen Lande Gallien und an den
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