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202. Warum die Hasen zu Ostern Vier bringen.
Der böse Winter var endlich fortgegangen, und der liebe
Frübling hatte seinen Einzug in die Velt gebalten. Und gleich
wvar alles lebendig und viel schöner auf der Erde geworden, und
der Frühling hatte seine Freude daran.
Da sagte der Frühling: „VNo aber stecken denn meine lieben
Menschenꝰ Sitzen sie immer noch in den engen, dumpfen Stuben?
Da muls ich ihnen doch so sebnell vie möglich Botschaft von
meiner Ankunft schicken und sie einladen, mit mir Sonne und
Blütenduft zu geniessen. Wen aber sueh' ich mir zum Boten aus?
Und wie der liebe Frühling nun so noch überlegte, da liet
ihm ein Häschen über den Weg. — „-Halt!“ rief er ganz erfreut,
„halt, Has'! Komm einmal her zu mir!« Das Hãschen aber, das
ie Alle Hasen sehr furchtsam war, wollte erst gar nicht recht
kommen. Aber es hatte den Frühling, der ihm so schönes grünes
Futter beschert hatté, doch sehr lieb, und so kam es denn gane
langsam zu ihm beran und fragte ihn, was er befeble. Der Früh⸗
ling aber sagte zu ihm: „Has', du kannst so schön schnell laufen,
nun lauf einmal zu den Menschen und sag ihnen, der Frühbling
sei soeben angekommen. die sollten alle ins Freie kommen und
die schönen Sachen besehen, die er mitgebracht hätte. die sollten
aber ja nicht vergessen, die lieben Rleinen mitzubringen.“
Der Hase aber war über diesen Auftrag sehr erschrocken,
weil er sich vor den Menschen und ihren bösen Hunden gar so
sebr fürchtete, und er bat deshalb den Frühling, doch einen
andern Boten zu schicken.
Der Frübling aber lachte, als er den Schrecken des Hasen
sah, und sprach: „Furchthase du; so schlimm ist es gar nicht.
Das Hasenfleisch essen die Menschen nur im Herbst und Winter,
also werden sie dir jetzt nichts thun. Und die Hunde liegen jetezt
alle an der Rette, oder sie müssen NMaulkörbe tragen, dass sie
gar nieht beissen können. Damit du aber vor Angst nicht schon
Forber stirbst, ehe du zu den Menschen kommst, so vill ieb dür
an die Menschen ein Geschenk mitgeben, das soll dich schützen.“
Und da griff der Frübling in alle die schönen Vogelnester, velche
in den Zweigen der Bäume und in den Saaten und auf den
Wiesen waren, und nahm aus jedem Neste ein Ei heraus, hier ein
buntes, da ein braunes, dort ein weisses und aueh gesprenkelte.
Und die Eier gab er alle dem Hasen in einen Korb auf seinem Rucken.
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