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„Wir könnten uns jeder eine Wurst holen“, sagte am folgenden
Tage Pudel zu Spitz.
„Liegt denn die Straße voll Würste?“ fragte Spitz.
„Behüte“, antwortete Pudel; „aber in Schlächters Hause auf
dem Tische im Hausflur liegen sie. Wir passen die Zeit ab, wo
der Schlächter nicht gleich da ist, da klink ich die Hinterthür auf;
denn das habe ich gelernt, — jeder nimmt sich eine Wurst, und
dann heidi! fort damit.“
„Eine Wurst hätt' ich auch wohl gern“, sagte Spitz, „aber mit
o Spitzbubenkünsten mag ich sie doch nicht erwerben.“
Auf einmal hieß es: „Pudel ist todt geschlagen!“ Das machte,
er hatte dem Schlächter von Zeit zu Zeit eine Wurst weggeholt.
Da hat der Schlächter eines Tages im Verstecke aufgepaßt. Pudel
ist gekommen, hat die Thür aufgeklinkt und eine Wurst genommen.
Darauf ist der Schlächter herzugesprungen und hat den Pudel
mit dem großen Fleischbeile erschlagen. Pudel war erschlagen und
also todt; aber Spitzchen lebte noch lange und war seinem Herrn
sehr werth.
Das macht: „Ehrlich währt am längsten; aber das Böse
nimmt nimmer ein gutes Ende.“
54. Windhund und Dachshund.
Hey.
W. Hündchen, wie bist du so klein! Was hast du für krumme Bein'!
D. Hund, wie bist du so groß und lang, ach, und wie so furchtsam
und bang!
W. Kann ich doch Hasen fangen im Lauf!
D. Jag' ich den Fuchs aus dem Loche herauf!
Frieden gebot der Jägersmann, bald ging's mit dem Jagen an. Ei,
wie regte der Große die Beine! Ei, wie faßte den Fuchs der Kleine! Jeder
in seiner Art und Kunst hat sich verdient des Brotherrn Gunst.
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55. Hund und Kinder.
Hey.
Du bist so groß und läßt dich doch zerren und gar in einen
Wagen sperren und quälen ohne Unterlaß?
Von keinem andern leid' ich das; doch das sind die Kinder
meines Herrn, von denen ertrag' ich alles gern.
Nicht lange, da schlug die Essensstund', da spannten sie los den guten
Hund und nahmen ihn mil sich hinein. Er mußte auch bei Tische sein, und
zo jedes gab ihm ein Stückchen gern; doch am liebsten nahm er's von dem Herrn.