Full text: [Theil 2, [Schülerband]] (Theil 2, [Schülerband])

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Da begegnete ibm unterwegs em hübscher Mann in 
Sonntagskleidern, der wollte wohl in die Kirche gehen, 
blieb stehen, redete den Wellenträger an und sagte: 
„Weisst du nicht, dass auf Erden Sonntag ist, an wel- 
chem Tage der liebe Gott ruhte, als er die Welt und 
alle Thiere und Menschen geschaffen? Weisst du nicht, 
dass du sollst den Peiertag heiligen ?“ — Der Fragende 
aber war der liebe Gott selbst. Jener Holzhauer jedoch 
war ganz verstockt und antwortete: „Sonntag auf Erden 
oder Montag im Himmel, was geht das mich an, was 
geht das dich an?“ — „So sollst du deine Reisigwelle 
ragen ewiglich!“ sprach der liebe Gott, „und weil der 
Sonntag auf Erden dir so gar unwerth ist, so sollst du 
fürder ewigen Montag haben und im NMond stehen, ein 
Warnuugsbild für die, welche den Sonntag mit Arbeit 
schãanden! 
Von der Zeit an ssteht im Mond immer noch der 
Mann mit dem Holzbündel und wird auech wohl stehen 
bleiben bis in alle Ewigkeit. Bechlstein. 
36. Rothkaͤppchen. 
Es war einmal eine kleine Dirne, die hatte Jedermann 
lieb, der sie nur ansah, am allerliebsten aber die Großmutter, 
die wußte gar nicht, was sie Alles dem Kinde geben sollte. 
Einmal schenkte sie ihm ein Käppchen von rothem Sammet, 
und weil ihm das so wohl stand und es nichts anders 
mehr tragen wollte, hieß es nur das Rothkäppchen. Da 
sagle einmal seine Mutter zu ihm: „Komm, Rothkäppchen, 
da hast du ein Stück Kuchen und eine Flasche Wein, brings 
der Großmutter hinaus; sie wird sich daran laben, weil sie 
krank und schwach ist. Sei aber hübsch artig, guck nicht 
gleich in allen Ecken herum, wenn du in die Stube kommst, 
und vergiß nicht, „guten Morgen“ zu sagen. Geh auch 
ordentlich und lauf nicht vom Weg ab, sonst fällst du und 
zerbrichst das Glas; dann hat die kranke Großmutter nichts.“ 
Rothkäppchen sagte: „Ich will schon Alles gut aus— 
richten,“ und gab der Mutter die Hand darauf. Die Groß— 
mutter aber wohnte draußen im Walde, eine halbe Stunde 
vom Dorf. Wie nun Rothkäppchen in den Wald kam, 
begegnete ihm der Wolf. Rothkäppchen aber wußte nicht, 
was das fuͤr ein böses Thier war, und fürchtete sich nicht 
vor ihm. „Guten Tag, Rothkäppchen!“ sprach er. „Scho— 
nen Dank, Wolf!“ „Wo hinaus so früh, Rothkäppchen?“
	        
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