Full text: [Vorstufe, [Schülerband]] (Vorstufe, [Schülerband])

83 — 
121. Ein magerer Vergleich ist besser 
als ein fetter Prozeb. 
Unter einem großen Nußbaum, der dieht am Wege stand, 
fanden zwei Knaben, Franz und Fritz, einst eine schöne Nub, 
Fritz hob sie auf. „Die gehört mir,“ sagte Franz, „denn ich 
habe sie zuerst gesehenl — „Nein,“ erwiderte Fritz, „gie ge— 
bört mir; denn ich habe sie zuerst gehabtl Beide gerieten 
darüber in einen heftigen Streit. Vahrond sie nun so da stehen 
und zanken, kommt ein größerer Junge dazu und fragt: „Was 
habt ihr da miteinander?“ — und sie erzählen ihm ihre Sache, 
jeder in seiner Art. „lch will dem Streit ein Ende machen,“ 
sagt er, stellt sich mitten zwischen die beiden Zänker, macht 
die Nubß auf und spricht also: „Die eine Schale gehört dem, 
der die Nub zuerst gesehen, und die andere dem, der die Nub 
aufgehoben hat; den Kern aber behalte ich — für den Urteils 
spruch.“ 
122. Baum im Herhste. 
Armes Bäumchen, dauerst mich; 
wie so bald 
bist du alt! 
deine Blätter senken sich, 
sind so bleich, 
fallen gleich 
von des kalten Windes Wehn, 
und so bloß dann mußt du stehn. 
Bäumchen, nicht so traurig sei; 
kurze Zeit 
währt dein Leid; 
geht ein Jahr gar schnell vorbei. 
Bist nicht tot, 
grün und rot 
schmückt dich wieder übers Jahr 
Gottes Finger wunderbar. 
Wilhelm Hey. 
123. Die Kinder zu Fameln. 
Im Jahre 1284 ließ sich zu Hameln ein wunderlicher Mann 
sehen. Er hatte einen Rock von vielfarbigem, buntem Tuch an, 
weshalben er Bunting soll geheißen haben, und gab sich für einen 
Rattenfänger aus, indem er versprach, gegen ein gewisses Geld die 
Stadt von allen Mäusen und Ratten zu befreien. Die Bürger 
wurden mit ihm einig und versicherten ihm einen bestimmten Lohn. 
Der Rattenfänger zeg demnach ein Pfeifchen heraus und pfiff, da 
kamen alsobald die Ratten und Mäuse aus allen Häusern hervor— 
gekrochen und sammelten sich um ihn herum. Als er nun meinte 
es wäre keine zurück, ging er hinaus, und der ganze Haufe folgte 
ihm, und so führte er sie an die Weser; dort sin er seine 
Kleider und trat in das Wasser, worauf ihm alle die Tere folgten 
und hineinstürzend ertranken.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.