Object: Neueste Geschichte von 1815 bis zur Gegenwart (Teil 3)

6 Die Zeit der Restauration. 
und sozialen Ideen zu finden sei. Der romantischen Betrachtung vergangener 
Zeiten erschien die Erhaltung und Wiederherstellung der alten Zustände Wünschens- 
werter als die Hingabe an die Ideale der Revolution. 
d. „Auf der Basis dieser gesteigerten konservativen und religiösen Stimmung 
erwuchsen nun die Gedankenreihen, in denen sich jetzt alle diejenigen Kreise 
zusammenfanden, die Europas Geschicke in Händen hatten. Die Aufgabe war, 
das so mühsam Gewonnene zu sichern, also mußten die Ideen der Revolution 
in die Acht getan werden. Was sie zu wirken fähig waren, hatte man er- 
fahren, also galt es, schon die erste Regung zu ersticken. Von der Leugnung 
der Autorität war das Übel ausgegangen, zur Autorität mußte also zurück- 
gegangen werden. Man fand dafür das Losungswort: Legitimität. Als 
legitim galt alles historisch Gewordene, durch Alter Geheiligte, 
durch Erbrecht Erworbene, kirchlich Geweihte. Es war der diametrale 
Gegensatz zu allem, was seine Bedeutung sich selber verdankt, was irgendwie 
aus einer populären Bewegung entsprossen war. Dieses letztere erschien unrein 
und unheilig. Die Wiederaufrichtung der alten, auf dieser Legitimität be- 
ruhenden Ordnung und ihre Erhaltung erschien als der sicherste Schutz gegen 
eine Wiederkehr revolutionärer Stürme. Damals schloß sich der Bund von 
Thron und Altar aufs neue, begannen staatliche und kirchliche Ordnung, die 
die Reformation doch so scharf geschieden hatte, unter dem Gesichtspunkte der 
Ordnung überhaupt wieder miteinander verquickt und verwechselt zu werden." 
(Schwemer, Restauration und Revolution.) 
4. Eine außerordentlich wirksame Unterstützung erfuhr die von den 
meisten Regierungen alsbald eingeleitete Restaurationspolitik auch durch die 
Tätigkeit namhafter Staatsrechtslehrer und Publizisten, welche die 
reaktionären Tendenzen der Restauration wissenschaftlich zu begründen versuchten. 
„In Hallers »Restauration der Staatswissenschaften« erschien eine 
systematische Darstelluug der politischen Wissenschaft, welche auch die aus- 
schweifendsten Forderungen der Restauration als der Natur der Dinge und 
den Forderungen einer wissenschaftlichen Betrachtung der Tatsachen gemäß er- 
scheinen ließ. . . . Es ist eine sehr niedrige und den Erscheinungen eines 
größeren und reicher entwickelten Staatslebens gegenüber ganz unzureichende 
Auffassung des Staates, die Haller entwickelt, aber die Kraft der Persönlichkeit, 
die das Werk durchdringt, und mancherlei Vorzüge der Gelehrsamkeit verschaffen 
ihm einen Einfluß und ein Ansehen, die sich nicht leicht überschätzen lassen. . . . 
Schriften wie Joseph de Mai st res Soirees de St. Petersbourg und Du Pape 
boten der eleganten Welt zum Kampf gegen den Geist der Freiheit und alle 
Einrichtungen der Reform ein Gemisch von glänzenden Halbwahrheiten und 
dreisten Behauptungen, verkittet durch religiöses Empfinden und durch den Hin- 
weis auf das unveräußerliche Bedürfnis der Menschen nach Religion. Leicht 
sand hier der Weltmann, was er brauchte, um die Jnteresseupolitik der 
herrschenden Klasse mit dem Schimmer des Ewigen zu umkleiden und die 
Gegengründe abzuweisen. . . . Was de Maistre bot, war völlig anderer Natur 
und anderer Form als die schwere Gelehrsamkeit Hallers: um so mehr ergänzten 
sie sich in der Wirkung. Zu diesen Hauptwerken traten dann die Schriften 
von Schönrednern und Publizisten wie Gentz, Ancillon und Adam Müller,1) 
*) Über Gentz vgl. Treitschke, Deutsche Geschichte. II. Bd. @. 462ff.; über Haller, 
Adam Müller, Ancillon u. a. ebd. S. III ff.
	        
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