Full text: [Teil 3, [Schülerband]] (Teil 3, [Schülerband])

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setzten sie sich in eine Laube, durch deren dichtes Laub die Sonnenstrahlen 
abgehalten wurden. Wie herrlich schmeckte jetzt unserm Ernst die frische 
Mich, obgleich sie in Gefäßen vor ihm stand, die nur aus schlichtem 
Thone verfertigt waren. Später aß er Kirschen und anderes Sommer— 
obst, und auf dem Heimwege freute er sich über die grünen Saaten und 
die blumigen Wiesen, auf welchen unge Lümmer tanzten und mutwillige 
Füllen ihre Sprünge machten. „Nicht wahr,“ sagte der Vater, auch 
der Sommer ist schön?“ „O,“ autwortete Ernst daß es immer 
Sommer bliebel“ — Auch diesen Wunsch merkte sich der Vater, um 
später den Sohn zu belehren. 
Die Tage wurden kürzer, das Laub vergelbte, und Ernst erkannte 
an allen diesen Merkmalen den Herbst. Die ganze Familie brachte 
jeht einige Tage im Weinberge zu. Es war nicht mehr so heiß als 
im Sommer, aber die Luft war mild und der Himmel heiter. Die 
Weinstöcke waren mit reifen Trauben behangen und die Zweige der 
Bäume von der Last der reifen Früchte niedergebeugt. Das war ein 
Fest für unsern Ernst, der nichts lieber aß als Obst. Die schöne 
Zeit,“ sagte sein Vater, „wird bald vorbei sein, der Winter ist schon 
dor der Thüre, um den Herbst zu vertreiben“ — „Ach“ sagte Ernst, 
ich wollte, daß er wegbliebe, und daß es immer Herbst wärel!“ 
„Wolltest du das wirklich?“ fragte sein Vater. „Wirklichl“ war des 
Knaben Antwort. „Aber,“ fuhr der Vater fort, indem er die Schreib⸗ 
tafel aus der Tasche zog, „iehe einmal, was hier geschrieben steht! 
Lies doch!“ — „Ernst wünschte, daß es immer Winter wäre!“ „Und 
nun lies hier!· „Ernst wollte, daß es immer Frühling sein möchte! 
— wWas steht aber hier?“ — Ernst wünschte, daß es immer 
Sommer wäre!“ 
Exrinnerst du dich noch dieser Wünsche? fragte der Vater. Ach 
ja,“ antwortete Ernst, „ich weiß sie wohl · — Und was wünschtest du 
eben?⸗· Ich wunschte, daß wir immer Herbst hätten· — „Das ist 
doch sonderbar, sagte der Vater im Winter wünschest du, daß es Winler 
im Frühling, daß es Frühling, im Sommer, daß es Sommer und im 
Herbste, daß es Herbst nbchte. Denke inmal nach, was daraus solgt 
— Aus meinen unuberlegten Wunschen geht hervor daß alle Jahres 
zeiten gut sind,“ antwortete Ernst. Ja wohl,“ fuhr der Vater fort 
solgt daraus daß e alle reich an Freuden und mannig faltigen Gaben stn 
und daß der liebe, weise Got alles viel besser eingerichtet hat als wn
	        
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