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28. Võôgleins erster Lebenstas.
Dort am Wiesenrande, in dem Gesträuche am Bache bin ich
geboren. Als ich anfing, meine Umgebung zu unterscheiden, be-
merkte ich, dals ien mieh in Gemeinschaft mit füntf Geschwistern
in einem braunen Nestchen befand. Dasselbe war etwas zu eng,
was sieh uns bei zunehmendem Wachstume immer fühlbarer
machte. Ich erinnere mich jedoch nicht, dass wir des Platzes
wegen Streit miteinander gehabt hätten über uns erhob sich
ein grünes Blätterdach, geschmückt mit duftenden Blüten. Wenn
der Wind wehte und unser Häuschen hin und her schwankte, er-
blickten wir bisweilen ein Stück des blauen Himmels. Dann er-
zahlte uns die Mutter von ihm, und wir hörten mit Erstaunen,
wie er so hoch sei, dass Kein Vogel mit den Elügeln seine Höhe
zu ermessen vermöge, weder die Schwalbe, noch der Storch, ja
nicht einmal der Adler.
Den VTag ũber machten wir, ich und meine Gescehwister, den
armen LEltern viel Not und Arbeit. Weil wir nämlich täglich mehr
und mehr der Nahrung bedurften, so blieb ihnen kaum Zeit, dann
und wann einige Augenblicke auf dem Rande unseres Nestes aus-
zuruhen. Des Abends erzählten sie uns jedesmal etwas, schilderten
uns die Welt, in die wir bald hineinfliegen würden, warnten uns
vor Gefahren und gaben uns weise Lehren. Ach, diese schönen
Abendstunden werde ich nimmer vergessen! Wurde es dunkel, so
preitete die Mutter ihre Flügel über uns aus, und wir scehliefen
süss und selig unter ihrem Schutze bis zum liehten Morgen. Um
diese Zeit erweckte uns dann des Vaters Stimme. Es var dies
immer ein wonniges Erwachen.
29. Vögleins Miege.
1. In der Wiegen
sel' ich Eegen
dort ein kleines Vögelein,
und es streckt sich,
und es reckt sich
in dem Nestehen, warm
2. Leise gehet,
leiss wehet
dureh die Zweige hin der Winä.
*
Aus und nieder,
hin und wieder
schaukelt er das Vogelkund.
und kein.