Full text: Lesebuch für die 4. Klasse der Volksschulen in München (Klasse 4, [Schülerband])

116. Der Kuckuck. 
109 
die Enten segeln mit einander über die Llare Plut; der Kuckuck 
aber mag am liebsten allein sein. Er betrachtet den Mald 
als sein ausschliessliches Digentum. Hört er den Ruf eines an— 
deren Kuckucks in der Nahe, so schreit er ihm erbost zu: 
»Kuckuek, siebst du nicht, dass ich hier der Herr bin?« 
Und dann gibt's einen hitzigen Kampf; die Federn fliegen umher; 
der sehwaächere muss weichen und sich ein anderes Waldehen 
zur Wohnung suechen. — Doch warum ist er wohl so unverträg- 
lich? Es wird uns bald klar, wenn wir seinem Rufe gemäls 
noeh weiter zusehen, was er zu Mittag und zu Abend verspeist. 
Raupen und RKäfer, Schmetterlinge und Fliegen sucht er uner— 
mudlich vom frühesten Morgen bis in die späte Nacht; denn 
sein Magen und sein Hunger sind gross und die Insekten gar 
lein. Er frisst zur Strafe sie alle, dié ihm sein grünes Haus 
verderben. Viele dieser Raupen sind aber mit langen, schwarzen 
Haaren besetzt; diese stechen sich in den Magen des Kuckueks 
oin, so dass ein solcher Kuckucksmagen inwendig aussieht wie 
ein Stückchen Pelz. Gerade von diesen haarigen Raupen sind 
viele Arten schlimme Waldverwüster und vermehren sich in 
entsetzlicher Weises. Die meisten andern Waldvögel wollen aber 
mit den rauben, borstigen Gesellen nichts zu thun haben, son- 
dern lieben glatte Bisson. Deshalb wird der Kuckuck für den 
Wald eine Woblthat, und der verstandige Porstmann thut ihm 
nie etwas zu leide. 
Wenn im Prühlinge die übrigen Zugvögel sich aus den 
fernen Landen wieder einfinden und emsig ihre Nester bauen, 
sieht der Kuckuck müssig zu; denn er ist der einzige Vogel bei 
uns, der kein Nest baut. Sobald jene aber fertig sind, ruft er 
pfiffig: »Kucekuckl« und sein Weibehen lacht dazu. Die Rot— 
kehlehen, Grasmücken und die andern Waldsänger legen ihre 
kleinen Eier in die fertigen Nester und fliegen aus, um noch 
einen fetten Bisson 2zu nehmen, oder einen frischen Trunk zu 
thun, ebe sie sich niedersetzen zum Brüten. »Guekl Gucklæ ruft 
dann der Schelm seinem Weibehen zu. Dieses fliegt leise herbei 
und legt ein Ei in das Nest. Die Vögelein kehren zurück, 
strauben diée FPedern und betrachten stutzend den fremden 
Gegenstand; denn das Kuckucksei unterscheidet sich durch 
Grösse und Farbe meist deutlich von denen der Nesteigentümer. 
Unrubig hüpft das Weibehen um das Nest und begibt sich end- 
lich zögernd auf die PVier.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.