189
(de ambitu), wegen Verletzung der Volksfreiheit und wegen Staats-
verrätherei (de ma)e8late) und wegen Veruntreuung von Staatsgeldern
(de peculatu) zu untersuchen hatten. Daher blieben wegen vermehrter
Geschäfte die Prätoren, deren Zahl seit 197 auf sechs bestimmt war,
während ihres Amtsjahres in der Stadt und gingen erst nach demselben
als Propratoren zur Verwaltung ihrer, gewöhnlich durchs Loos ertheilten
Provinzen ab. Obgleich durch die ungeheuere Vergrößerung der Macht
in der wesentlichen Form der römischen Verfassung, die eigentlich nur
für die Stadt Rom bestimmt war, nichts geändert worden war, so
hatte sie doch einen ganz andern Geist erhalten, d. h. der Senat oder
das Regierungscollegium, dessen Macht zu einer fast unbeschrankten
Herrschaft gestiegen war, handelte seit dem Anfänge der punischen
Kriege nach andern Grundsätzen, als früher. Habsucht und Herrsch¬
begierde leiteten alle seine Unternehmungen. Die in Rom aufgehäuften
Schätze aus den unterjochten Ländern reizte die Volks- und Kriegs¬
häupter zu immer neuen Kriegen, und Reichthum wurde zugleich das
Mittel zur Erwerbung hoher Ehrenstellen und zu der einträglichen Ver¬
waltung von Provinzen. Das Volk aber, in dessen Händen das
Wahlrecht war, wurde käuflich, und ohne Bestechung erhielt selten
einer eine hohe Staatswürde. Das Volk hatte sich dem übermächtigen
Senat unterworfen, dessen Ansehen auf die Meinung von seinem größern
Verdienst sich gründete, und da jeder Bürger durch seine Verdienste
und Bemühungen in dieses Collegium gelangen konnte, so war auch
der Schein von einem ausschließenden Anspruch irgend einer Klasse von
Bürgern auf Ehrenstellen des Staates getilgt. Der Unterschied zwi¬
schen patricischen und plebejischen Geschlechtern war längst verschwunden;
aber an der Stelle der alten Adels-Aristokratie erhob sich die der Opti-
maten-Geschlechter. Die Optimaten (optimale, Verdienst-Adel) waren
nämlich solche Vornehme, deren Vorfahren, wenn nicht ausschließlich,
doch vorzugsweise hohe Staatsämter verwaltet hatten, daher sie auch
edle oder erlauchte (nobiles, illustres) hießen, während die andern
Bürger Unbekannte (obscuri) waren. Jedoch war mit diesem Unter¬
schiede keine gesetzliche Ungleichheit der bürgerlichen Rechte verbunden.
Auch aus niedrigem Stande konnte einer, der sich durch Tugend und
Talent auszeichnete, zu den höchsten Würden gelangen und hieß dann
ein Emporkömmling (homo novus), wie Cicero und Marius waren.
Verschlechtert wurde aber diese Aristokratie durch den Reichthum, dessen
Besitz einige Häuser zur Vermehrung ihrer Macht mißbrauchten. Nun
erwies man die Achtung, die dem Verdienst und der Tugend gebührte,
dem Gelde, und mit dem Gelde ehrte man auch die Mittel, Betrug,