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173. Elisabeths Rosen.
es macht ein Grüblein in den Sand
und bũckt siech dann hinab am Strand
und sehöpft am Meer das Wasser drein
mit einer Muschel, weils und fein.
„Du lieber Knab', was machst du da?“
fragt Augustin. — „Du siehst es ja;
zum Zeitvertreibe fals' ich mir
die See in dieses Grüblein hier.“
Der Heil'ge lächelt: ,Dieses Spiel,
mein Kind, es bringt dieh nicht zum Ziel.“
„Ei,“ sagt der Knab', „wer das nicht Kann,
der bleibe hübsceh auf seiner Bahn.
Viel ist dem Herzen offenbar;
doch wird es dem Verstand nicht Klar.“
Und flugs, da schiesst ein Vügelpaar
dem Knaben an und wie der Aar
scehwebt er empor im Sonnenliceht.
Der Heil'ge schaut ihm nach und spricht:
„Der Knab' hat recht; des Menschen Sinn
Kann über Zeit und Raum nicht hin.
Wer wandelt fromm und ohne Trug,
der weils vom lieben Gott genug.“
173. Elisabeths Rosen.
Cegende.)
Zettels Lesebuch.
Eine der trefflichsten Frauen des Mittelalters war Elisabeth.
Sie stammte aus dem edlen Geschlechte der Andechser und war
mit dem Landgrafen Ludwig von Thüringen vermählt. Beide
Gatten waren sich in unerschütterlicher Treue und Liebe zugetan.
Während er in ritterlichen Zügen seinen Heldenmut und
seine Ergebenheit gegen Kaiser und Reich bewährte, übte seine
Gemahlin daheim die stillen Tugenden der Wohltätigkeit unt
Milde. Sie verteilte Speisen und Gaben unter die Armen und
Elenden, je nach der Not der einzelnen.
Eines nur mochte Ludwig, ihr Gemahl, nicht leiden, daß
sie nämlich selbst zu den Kranken ging um deren Elend zu