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vergessen, daß, wenn die kalten Tage kamen, sich die Hühner und Schweine
mit um den großen Kachelofen scharten und einander stießen und drängten?
Vater und Brüder aber, kaum zu erkennen in dem fürchterlichen Oualm
ihrer Pfeifen, zimmerten an ihren Kübeln, der Hrbeit des Winters,
und redeten kein Wort.
Des Samstagabends kam die Magd mit dem Besen und fegte ein
wenig über den vor Schmutz starrenden Fußboden hin. Bn die Fenster
dachte sie nie,- die wurden weder geöffnet noch geputzt, so daß in der
niedrigen Stube ein ewiges Halbdunkel herrschte. .
Die alte Person machte große Bugen, als sie plötzlich das Büebli
mit einem nassen Lappen herumgehen und bald die Fenster, bald den
Tisch oder den Fußboden abwischen sah.
Den Vater wollte er belehren, daß die Schweine und Hühner nicht
in die Stube gehörten.
Wie auf dem Feldbergerhof, so wollte er auch hier zum Segen
des Hauses werden, allein es erging ihm wie allen, die Bugen haben zum
Sehen und Ohren zum hören — er mußte Verfolgung leiden von jenen,
die nicht sahen und nicht hörten. Die Seinen schauten den Bemühungen
des Büebli, sie aus ihrem Schmutz und ihrer Dunkelheit zu reißen, wie
etwas Feindlichem zu. Und als ihm der Vater eines Tags mit einer Ohr¬
feige zu wissen tat, er, das Büebli, sei nur zum Ärgernis der Seinen auf
der Welt, da stand das Kind wie vor einem dunklen Uätsel.
Daß hier, bei ihm daheim, Ärgernis genannt wurde, was auf dem
Feldbergerhof recht und brav war, konnte er schlechterdings nicht ver¬
stehen. Bber er begriff jetzt, warum der Bruder so selten und stets nur
für ein paar Stunden nach Hause kam. Dem gefiel's auch nicht mehr in der
dunklen Stube. Bch, der konnte lachen!
Wie oft hatte ihm der Bruder von der herrlichen Weihnachtsfeier
droben erzählt, wie sie alle im Festgewand um den großmächtigen Thrist-
baum standen und ihre Weihnachtslieder sangen, vom Kripplein mit
dem Jesukind, von Maria und Joseph; wie Gchs und Tselein aus dem
Stall lugten und die Hirten anglotzten, die da knieten mit hocherhobenen
Händen und das Jesuskind anbeteten.
„Und ein Büebli ist dabei," hatte der Bruder seinen Erzählungen
hinzugefügt, „ein Büebli aufs haar wie du —"
„Wenn ich doch das Büebli wär'," seufzte der Kleine, dem väterlichen
Haus zuschreitend.
Bei ihm daheim gab's keine Weihnacht, kein Kripplein, keinen Baum.
Bm Morgen des Feiertags lagen wohl ein paar Äpfel und ein Lebkuchen
auf seinem Bett, und zu Mittag gab's Speck und Sauerkraut. Bber das
war alles.