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66. Die Geschichte von Goliath und David.
War einst ein Riese Goliath, gar ein gefährlich Mann; er hatte
Tressen auf dem Hut und einen Klunker dran, und einen Rock, von Golde
schwer — wer zählt die Dinge alle her?
An seinen Schnurrbart sah man nur mit Gräsen und mit Graus,
und dabei sah er von Natur recht wie der Teufel aus; sein Säbel war,
man glaubt es kaum, so groß schier als ein Weberbaum.
Er hatte Knochen wie ein Gaul und eine freche Stirn und ein ent—
setzlich großes Maul, doch nur ein kleines Hirn, gab jedem einen Rippen—
stoß und flunkerte und prahlte groß.
So kam er alle Tage her und sprach Israel Hohn: „Wer ist der
Mann? wer wagt's mit mir? sei's Vater oder Sohn! Er komme her,
der Lumpenhund; ich werf' ihn nieder auf den Grund.“
Da kam in seinem Schäferrock ein Jüngling, zart und fein; er hatte
nichts als einen Stock, die Schleuder und den Stein und sprach: „Du hast
viel Stolz und Wehr; ich komm' im Namen Gottes her.“
Und damit schleudert' er auf ihn und traf die Stirne gar, da siel der
große Esel hin, so lang und dick er war, und David haut in guter Ruh'
ihm nun den Kopf noch ab dazu.
Trau nicht auf deinen Tressenhut, noch auf den Klunker dran; ein
großes Maul es auch nicht thut, das lern' vom langen Mann; und von
dem kleinen lerne wohl, wie man mit Ehren fechten soll. M. Claudius.
67. Eile mit Weile.
Ein Fuhrmann fuhr abends mit einem geladenen Wagen in größter
Eile der Stadt zu. „Komm' ich noch vor Thorsperre in die Stadt?“ rief
er einem Reisenden zu, an dem er vorbei jagte.
„O ja,“ sagte der Reisende, „wenn Ihr langsamer fahrt.“
Der Fuhrmann dachte: „Der Mensch ist nicht gescheit,“ peitschte auf
seine Pferde los und fuhr noch schneller auf der holprigen Straße, so daß
Pferde und Räder rauschten. Plötzlich brach ihm ein Rad, der Wagen fiel
um, und Kisten und Fässer lagen auf der Straße und im Graben. Der
Reisende holte den Fuhrmann bald ein und sprach: „Seht Ihr nun, daß
ich recht hatte. Ich komme zu Fuß noch wohl in die Stadt; Ihr aber mit
Euren vier Pferden könnt sie heute nicht mehr erreichen. Ihr dachtet mit
Eurem Eilen einige Kreuzer Sperrgeld zu ersparen und habt nun einen
Schaden von mehreren Gulden.“ Chr b. Schmid