Full text: [Teil 2 = Mittelstufe, [Schülerband]] (Teil 2 = Mittelstufe, [Schülerband])

124 — 
daß in der Regel einer der Streiter auf dem Platze bleibt. Doch ziehen 
wir den friedliebenden Storch dem händelsuchenden vor! Welch ein Ver— 
gnügen, wenn wir ihn belauschen können während der Zeit des Nestbaues! 
Weit und breit streifen dann Männchen und Weibchen umher; sie tragen 
eifrig Reisig, Stroh, Schilf, Blätter und tausend andere Dinge zusammen, 
um die Waͤnde des Nestes aufzuführen. Das Innere wird dann aus— 
gepolstert mit Gras, Haaren, Federn, Papier und allerhand weichen Stoffen. 
Wenn einer hinausgeht, um zu sammeln, bleibt der andere daheim und 
baut am Neste. Sie verstehen einander ganz trefflich, und obgleich sie nur 
die Klappersprache sprechen, so teilen sie sich doch auf diese Weise mit, ob 
sie freudig oder traurig sind, ob sie Hunger haben, oder ob ein Feind in 
der Nähe ist. Und sind erst kleine Störchlein in dem Neste, so beweisen 
die Alten ihnen eine Liebe, die zu jeder Aufopferung fähig ist. Sie sorgen 
emsig für Nahrung; bringt einmal das Männchen einen guten Bissen mit, 
dann geht es gar lustig und fröhlich her, und jubelnd wird Papa Lang— 
bein von der Storchmutter und den Kleinen begrüßt. Wird das Nest zu 
enge, so wird es erweitert, damit die Jungen auch den nötigen Platz haben. 
Rührend ist es, wie die Alten ihre Jungen vor den Feinden schützen. 
Eins hält immer Wache vor dem Nest, und tritt Gefahr ein, so setzen sie 
ihr eigenes Leben bei Verteidigung des Lebens der kleinen Storchschar ein. 
In einem Hause, auf welchem ein Storchnest sich befand, brach Feuer aus. 
Als die Storchmutter sah, daß die Flammen aufschlugen, trug sie ihre 
Kinder, eins nach dem andern, von dem brennenden Dache weg. Sie 
scheute sich weder vor dem Rauch, noch vor den Flammen. Als sie aber 
nach ihrem letzten Kindchen ausgeflogen war, erschien sie nicht wieder; sie 
hatte ihr Grab in den Flammen gefunden. 
3. Wenn die Kleinen laufen und klappern gelernt haben, dann versuchen 
sie sich auch im Fliegen, und die Alten sind ihnen dabei behilflich, so viel 
sie können. Nun gehen sie auch mit den Alten nach Nahrung aus, und 
diese verlangen sie immer in tüchtigen Portionen. Der Storch ist ein gar 
gefräßiger Geselle. Gleich einem Jäger mit der Flinte schleicht er einer 
Menge von Tieren nach und weiß sie mit dem Schnabel so geschickt zu fassen, 
daß ihm selten eins entwischt. Ottern und Schlangen verschluckt er, nachdem er 
ihnen mit dem Schnabel einen tüchtigen Hieb auf den Kopf gegeben hat. 
Ende Juli rüsten sich die Störche zur Abreise. Auf großen Ebenen 
oder ausgedehnten Wiesen versammeln sie sich und halten Musterung. 
Eines Tages erhebt sich das ganze Heer in die Lüfte, schwebt noch eine 
Zeitlang über der geliebten Heimat, schwingt sich dann höher und immer 
höher und ist bald unseren Augen entschwunden. 
160. Der Star. 
Nach Karl Reinhold. 
1. Bruder Lustig hat ein bekannter Naturforscher den Star genannt 
und damit die beste Bezeichnung für diesen heitern Allerweltsliebling ge—
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.