Full text: [Teil 2 = Mittelstufe, [Schülerband]] (Teil 2 = Mittelstufe, [Schülerband])

funden. Unser Star ist ein schmuckes Bürschchen, das 16 bis 18 em 
mißt; er trägt ein schwarzes Kleid, das im Lichte der Sonne wie Mas 
glänzt und dabei einen blaugrünlichen Schimmer zeigt, im Herbste aber 
paun-der Mauser wie, il weißen Perlen übersät ist. Das ist sein Reise— 
leid, in demr uns aber erst dann verläßt, wenn der Winter ihm das 
Leben in unserer Nähe unmöglich macht. Nur zögernd trennt er fich pon. 
seinem Daheim und verirrt sich in der Regel nicht weiter von demselben 
als in die nächste wärmere Gegend unseres Vaterlandes, die ihm genügende 
Nahrung bietet. Nur einige reiselustige Stare sehen sich in Spanien, 
Italien und Griechenland um. während einzelne noch kühnere ihre Reise 
bis Afrika ausdehnen. 
Sowie aber nur der Frühling bei-uns seine Ankunft ansagt, ist 
sicher Bruder Lustig einer der ersten unserer Frühlingsgäste. Am Hofe 
des Königs Lenz darf auch der Star nicht fehlen, ja er muß seiner 
Majestät noch e Welt durch fröhliche Lieder, lustiges 
Geschnatter und allerlei toͤlle Possen kund zu.tun, daß nun alle Not ein 
Ende gewinnt, und es keine Zeit mehr ist, sich von Sorgen plagen zu 
lassen oder Grillen zu fangen. 
2. Bei seiner Ankunft in der geliebten Heimat fliegt er auf die 
äußerste Spitze eines in der Nähe seiner alten Wohnung stehenden Baumes 
und verkündet mit lustigem Lied, daß er glücklich wieder angelangt ist. 
Dann aber ist sein erstes Geschäft, nachzusshen, wie es denn eigentlich 
mit scirc.Sommerwohnung steht. Hat er sich dazu einen hohlen Baum 
imn, Walde ausersehen, so gilt es gewöhnlich nur ein wenig auf— 
zuräumen; besteht sie aber aus einem Haus, das ihm seine Freunde 
in ihrem Hofe oder Garten gebaut hãben, gus einem sogenannten Star⸗ 
kübel, dann geht sein Einzug oft nicht ohne Kampf, Ärger und Geschrei 
ab. Die frechen Spatzen, die kein Eigentumsrecht achten, haben die 
Wohnung in Beschläg genommen; sie gehen won dem Grundsatze aus 
„Der Besitzende ist im Recht,“ und nehmen auf leint Nindigung Rück⸗ 
sicht. Was bleibt anders übrig, als das freche Volk an die 
Luft. zu setzen? er Spatz schreit zornig aus dem Kübel heraus und 
denkt: „Ich will doch sehen, ob ich dem scwarzen Kerl Platz machen 
muß?“ Aber einige tüchtige Schnabelhiebe treffen ihn. Er schimpft aus 
pollem Halse und ruft die ganze Spatzengesellschaft zum Beistand 
len solche niederträchtige Ungerechtigkeit herbei. e wird 
oller und toller. Ein Spatzenaufruhr vor dem Kübel! Doch jetzt 
kommt auch die Frau Starin geflogen, und der Kampf ist schnell ent— 
schieden. 
Die Sperlingsfamilie muß die Wohnung räumen, und die Frau 
Starin ergreift Besitz wn ihr. Sie streckt ihr mit spitzigem Schnabel be— 
wehrtes Köpflein hergus und sieht sich eee n um, 
während der Star auf-dem Baume ein Siegeslied singt. Aber noch bleibt 
das Pärchen nicht in der Wohnung; es kehrt in den nahen Wald zurüd
	        
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