Full text: [Teil 2 = Mittelstufe, [Schülerband]] (Teil 2 = Mittelstufe, [Schülerband])

227 
— 
258. Die Kinder zu Hameln. 
Brüder Grimm. 
1. Im Jahre 1284 ließ sich zu Hameln ein wunderlicher Mann sehen. 
Er hatte einen Rock von vielfarbigem, buntem Tuch an, weshalb er Bunting 
soll geheißen haben, und gab sich für einen Rattenfänger aus, indem er 
versprach, gegen ein gewisses Geld die Stadt von allen Mäusen und 
Ratten zu befreien. Die Bürger wurden mit ihm einig und versicherten 
ihm einen bestimmten Lohn. Der 
Rattenfünger zog demnach ein 
Pfeifchen heraus und pfiff; da 
kamen alsbald die Ratten und 
Mäuse aus allen Häusern her— 
vorgekrochen und sammelten sich 
um ihn herum. Als er nun 
meinte, es wäre keine zurück, 
ging er hinaus, und der ganze 
Haufe folgte ihm, und so fuͤhrte 
er sie an die Weser; dort schürzte 
er seine Kleider und trat in das 
Wasser, worauf ihm alle die Tiere 
folgten und hineinstürzend er— 
tranken. Nachdem die Bürger 
aber von ihrer Plage befreit 
waren, reute sie der versprochene 
Lohn, und sie verweigerten ihn 
dem Manne unter allerlei Aus— 
flüchten, so daß er zornig und 
erbittert wegging. 
2. Am 24. Juni, auf Jo⸗ 
hannis und Pauli Tag, morgens 
früh 7 Uhr, nach andern zu 
Mittag, erschien er wieder, jeht 
in Gestalt eines Jägers, er— 
schrecklichen Angesichts, mit einem roten, wunderlichen Hut, und ließ 
seine Pfeife in den Gassen hören. Alsbald kamen diesmat nicht Ratten 
und Mäuse, sondern Kinder, Knaben und Mägdlein vom vierten Jahre 
an, in großer Anzahl gelaufen, worunter auch die schon erwachsene Tochlet 
des Bürgermeisters war. Der ganze Schwarm folgte ihm nach, und er 
führte sie hinaus in einen Berg, wo er mit ihnen verschwand. Dies 
hatte ein Kindermädchen gesehen, welches mit einem Kinde auf dem Arme 
von fern nachgezogen war, danach umkehrte und das Gerücht in die Stadt 
brachte. Die Eltern liefen haufenweise vor alle Tore und suchten mit 
betrübtem Herzen ihre Kinder; die Mütter erhoben ein jämmerliches 
4 
1 
592
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.