Full text: [Teil 3 = (3. und 4. Schuljahr), [Schülerband]] (Teil 3 = (3. und 4. Schuljahr), [Schülerband])

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keine Furcht vor ihm. Der Bär sprach: „Ihr Kinder, klopft mir den 
Schnee ein wenig aus dem Pelz!“ und sie holten den Besen und kehrten 
dem Bär das Fell rein; er aber streckte sich ans Feuer und brummte ganz 
vergnügt und behaglich. Nicht lange, so wurden sie ganz vertraut und 
trieben Mutwillen mit dem unbeholfenen Gast. Sie zausten ihm das Fell 
mit den Händen, setzten ihre Füßchen auf seinen Rücken und walgerten*) 
ihn hin und her, oder sie nahmen eine Haselrute und schlugen auf ihn los, 
und wenn er brummte, so lachten sie. Der Bär ließ sich's aber gern 
gefallen; nur wenn sie's gar zu arg machten, rief er: „Laßt mich am Leben, 
ihr Kinder: 
Schneeweißchen, Rosenrot, 
Schlägst dir den Freier tot.“ 
Als es Schlafenszeit war und die andern zu Bett gingen, sagte die 
Mutter zu dem Bär: „Du kannst in Gottes Namen da am Herde liegen 
bleiben, so bist du vor der Kälte und dem bösen Wetter geschützt.“ Sobald 
der Tag graute, ließen ihn die beiden Kinder hinaus, und er trabte über 
den Schnee in den Wald hinein. Von nun an kam der Bär jeden Abend 
zu der bestimmten Stunde, legte sich an den Herd und erlaubte den Kindern 
Kurzweil mit ihm zu treiben, soviel sie wollten; und sie waren so gewöhnt 
an ihn, daß die Thüre nicht eher zugeriegelt wurde, als bis der schwarze 
Gesell angelangt war. 
Als das Frühjahr heran gekommen und draußen alles grün war, 
sagte der Bär eines Morgens zu Schneeweißchen: „Nun muß ich fort und 
darf den ganzen Sommer nicht wiederkommen.“ „Wo gehst du denn hin, 
lieber Bär?“ fragte Schneeweißchen. „Ich muß in den Wald und meine 
Schätze vor den bösen Zwergen hüten. Im Winter, wenn die Erde hart 
gefroren ist, müssen sie wohl unten bleiben und können sich nicht durch— 
arbeiten; aber jetzt, wenn die Sonne die Erde aufgetaut und erwärmt hat, 
da brechen sie durch, steigen herauf, suchen und stehlen. Was einmal in 
ihren Händen ist und in ihren Höhlen liegt, das kommt so leicht nicht 
wieder an des Tages Licht.“ Schneeweißchen war ganz traurig über den 
Abschied, und als es ihm die Thüre aufriegelte und der Bär sich hinaus— 
drängte, blieb er an dem Thürhaken hängen, und ein Stück seiner Haut 
riß auf, und da war es Schneeweißchen, als hätte es Gold durchschimmern 
sehen; aber es war seiner Sache nicht gewiß. Der Bär lief eiligst fort und 
war bald hinter den Bäumen verschwunden. 
8. Der undankbare Zwerg. 
Nach einiger Zeit schickte die Mutter die Kinder in den Wald, Reisig 
zu sammeln. Da fanden sie draußen einen großen Baum, der lag gefällt 
) Walgern, rollend wälzen.
	        
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