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9. Der Kaiser in der Schule.
Vor langen Zeiten lebte ein mächtiger Kaiser,
mit Namen Karl der Große. Er wußte das
Schwert tapfer zu führen; aber vom Lesen und
Schreiben verstand er und verstand sein Volk
nicht viel. Wie er nun als Mann noch das
Schreiben lernte, so richtete er auch fleißig Schulen
ein und schickte die Kinder vornehmer und geringer
Leute hinein. Auch besuchte er sie oft und fragte
nach dem Fleiße und dem Verhalten der Kinder.
— Einst fand er in einer Schule, daß die armen
Kinder fleißiger und geschickter waren als die
Kinder der Reichen und Vornehmen. Da mußten
sich die Fleißigen zu seiner Rechten, die Faulen
aber zu seiner Linken aufstellen; und er sprach
zu den armen, jedoch fleißigen Kindern: Ich
danke euch, meine Kinder; ihr habt ganz nach
meinem Wunsche getan, euch zur Ehre und zum
Nutzen. Fahret so fort, mein Lohn soll euch nicht
fehlen!“ — Hierauf wandte er sich zu den vor—
nehmen, jedoch trägen Kindern und sprach: „Ihr
aber, ihr feinen Püppchen, die ihr euch so vor—
nehm dünkt und meinen Befehlen ungehorsam
gewesen seid, ich sage euch, euer Reichtum und
eure hübschen Kleider gelten nichts bei mir.
Werdet ihr nicht fleißig, so soll keiner von euch
wieder vor meine Augen kommen; ich werde euch
strafen, wie ihr es verdient.“ unger Vesebuch