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Weg durch Rauch und Feuer, um auch die übrige Brut zu retten.
— Vergebens erwartet man sie zurück. Sie hatte. neben den beiden
letzten ihrer Jungen den Tod gefunden.
4. Ein mitleidiger Bauer nahm sich der beiden geretteten Störchlein
an, fütterte sie auf, und noch lange nachher sah man die beiden gezähm⸗
ten Sumpfvögel auf dem Hofe des Landmannes zwischen dem Federvieh
klappernd einherschreiten. Wiener Lesebuch.
113. Zugrögel.
1. Wenn die Blätter auf den Bäumen gelb und rot werden und
dann ein Blatt nach dem andern niederfällt auf die Erde, ziehen fast
alle die lieben Sänger von uns, die im Frühlinge und Sonmmer in Garten,
Feld und Wald ihre Lieder hören lassen. Manche ziehen allein, manche
als Pärchen, manche in großen Schwärmen. Dann klagt die Schwalbe:
„Wir armen Vöglein trauern sehr:
Wir haben keine Heimat mehr.
Wir müssen jetzt von hinnen fliehn
und in die weite Ferne ziehn.“
2. Warum ziehen denn die Vögel fort? Ach, sie können ja den
kalten Winter nicht ertragen. Ihr Federkleid ist sommerlich und leicht;
sie müßten in der Kälte erfrieren. — Und wie sollten sie auch unter Eis
und Schnee die Beeren und Körnlein und die Raupen und Würmchen
finden, die sie zu ihrer Speise bedürfen! Darum fliegen sie fort nach
Süden hin und suchen sich da warme, sonnige Länder, wo es keinen
Schnee und kein Eis giebt, und wo der liebe Gott ihnen jeden Tag den
Tisch deckt. Ehe sie den weiten Weg antreten, sammeln sich die Vöglein,
die zusammen gehören, Männchen und Weibchen, Brüder und Schwestern,
Verwandte und Freunde. Noch einmal schweben sie rings um die Gärten
und Häuser — und husch! sind sie fort. Schwalben und Nachtigallen,
Rotkehlchen und Buchfinken und Störche — alle treten die Reise nach
Süden an. Sie ziehen über Berg und Thal, über Bäche und Ströme,
selbst über das Meer hin, Hunderte, ja Tausende von Stunden weit.
Unterwegs aber fragen wohl die Jungen, wenn sie mit den Eltern über
das weite Meer fliegen:
„Ach, wie kommen wir hinüber?
Nirgends will ein Land uns winken,
und die müden Schwingen sinken!“
3. Niemand weist ihnen den Weg. Es braucht ihnen aber auch
solchen niemand zu zeigen. Die alten Vögel finden ihn schon allein, und
bie Jungen folgen ihnen. Manchen begegnet wohl unterwegs ein Un—