Die Zndler.
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neue Dynastie ans Nudcr kam, die Geschichte der abge-
tretnen zn schreiben, und die Epoche von 100 vor bis
1280 nach Christus hat allein nicht weniger als 127
grvßrc Geschichtwerke aufzuweisen. Hindustan dagegen
hat nie einen Historiker hervorgebracht, und abgerißne
Thatsachen und Namen, welche den philosophischen oder
religiösen Schriften der Hindus entnommen werden, sind
in so hohem Grade dunkel und schwankend, daß man heu«
tigen Tags noch darüber streiten kann, ob die zwei ge¬
feiertsten Könige dieses Volks, Vikrimaditya und Sali»
wahana, Zeitgenossen Christi oder Davids gewesen seyen.
Jndeß läßt sich vielleicht auf anderm Wege doch zu eini¬
ger Gewißheit gelangen, und zu diesem Behufe wollen,
wir zwei Umstände recht wohl beherzigen. Einmal stim¬
men Nachrichten aus neuer und neuester Zeit mit Anga¬
ben der Griechen aus Alexanders Zeit dergestalt zusam¬
men, daß wir versichern können, das indische Volksleben
sey im Verlaufe von zwanzig Jahrhunderten so ziemlich
sich gleich geblieben. Folglich muß trotz aller Anlage zur
Schwärmerei im Entwicklungsgänge der Nation ein be¬
deutender Grad von Stätigkeit vbgewaltct haben. Wenn
sodann überdieß das von Griechen und Britten Berich¬
tete mit demjenigen, was Schriften der Hindus enthalten,
wesentlich harmonirt, und wenn Angaben, die den letzter»
eigenthümlich sind, zu dem Begriffe passen, den wir nvth-
wendig von der Urzeit uns machen müssen, so ist immer-'
hin genügende Bürgschaft vorhanden, daß uns in einen
ziemlich frühen Zustand des Volkes ein Blick offen stehe.
Und so erscheint uns denn Hindustan in eine be¬
trächtliche Anzahl kleiner Reiche getheilt, deren jedes einen
Radscha an der Spitze hat. Das Geschlecht des Fürsten
gehört dem Kriegerstammc an, das Recht der Erstgeburt
entscheidet über die Thronfolge, und der Titel Dewa,
Gott, läßt uns den Nimbus ahnen, welcher das Haupt