Full text: [Teil 2 = Mittel- und Oberstufe, [Schülerband]] (Teil 2 = Mittel- und Oberstufe, [Schülerband])

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Die liebste Beschäftigung der Krähe war das Mäusefangen. 
Sie kletterte in den Scheunen umher. Sie saß halbe Stunden lang 
vor einem Mauseloche und wartete, bis die Maus zum Vorschein 
kam. Dann stürzte sie sich auf das Tierlein und tötete es mit einem 
Schnabelhiebe und fraß es mit Haut und Haar. Einmal hatte sie 
sogar in aller Ruhe zugesehen, wie die Katze eine Maus gefangen 
hatte und nun damit spielte. Als nun die Katze die Maus für einen 
Augenblick freigab, stürzte Hans darauf zu und fing das Tierlein 
und eilte, so schnell er konnte, davon. Die Katze fauchte und wütete, aber 
sie wagte sich doch nicht an die Krähe heran. Freilich Pluto, dem Hof— 
hunde, war sie nicht gewachsen. Der plagte sie zuweilen, daß sie nicht 
aus noch ein wußte. Ja, wenn sie noch ihre Flugkraft gehabt hätte! 
Eines Sonntags, als Behrend mit seinen Eltern ausfuhr, 
brachte er Hans, damit ihm nichts passieren konnte, auf den Tauben— 
boden. Da gefiel es ihm sehr. Alle Tauben respektierten ihn sofort. 
Nach kurzer Zeit hatte er sie sämtlich hinausgetrieben, und keine 
Taube wagte es, vor Beginn der Dunkelheit sich ihm zu nahen. 
Aber Behrend machte doch ein recht langes Gesicht, als er am andern 
Morgen sah, daß Hans vier Taubeneier ruiniert und zwei soeben 
ausgeschlüpfte Täubchen gefressen hatte. Nein, auf den Taubenboden 
durfte er nicht wieder. 
Der Winter ging hin, und die Zeit des Pflügens kam. Hans 
kannte den Pflug ganz genau. Behrend brauchte nur mit zwei 
Pferden in die Scheune zu ziehen, so fing Hans lustig an zu krächzen 
und folgte dem Pfluge Schritt für Schritt, um Würmer zu suchen 
und Engerlinge. 
Eines Tages wurden die Schafe gewaschen, denn sie sollten 
geschoren werden. Hans ging mit. Das Wasser im Teiche färbte 
sich und verdarb von den Unreinlichkeiten. Eine Menge kleiner 
Fische kamen an die Oberfläche und fingen an, matt auf der Seite 
zu schwimmen. Hans flatterte am Ufer hin und her und wütete, 
weil er die ermatteten Fische nicht zu erlangen vermochte. Ja, er 
war ein lüsterner und ewig hungriger Gesell. Aber er hatte doch 
auch seine guten Eigenschaften. Und wen er leiden mochte, den be— 
schützte er auch. Bei einer solchen Gelegenheit fand er einst 
seinen Tod. 
Es war Hochsommer, und zwei Hennen stolzierten mit ihren 
halbausgewachsenen Küchlein auf dem Hofe umher. Da schoß ein 
Habicht aus der Luft, um sich eins der Küchlein zu holen. Hans 
sträubte alle Federn, stürzte auf den Räuber zu und schrie und drang 
Deutsches Lesebuch, Mittelstufe. J. Auflage. 
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