Full text: Lehr- und Lesebuch oder die Vaterlands- und Weltkunde

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Viel tapfre Vasallen*) gehorchen mir, 
Beim ersten Wink bereit; 
Fürwahr ich bin eine Fürstin hier, 
Und fehlt nur das PurpurklerdI 
Die Bettlerin hört's und rafft sich aus, 
Und steht vor der Schimmernden schon, 
/ Und hält den weinenden Knaben hinaus 
Und fleht in kläglichem Ton: 
. O seht dies Kind, des Jammers Bild, 
Erbarmt, erbarmt euch sein, 
Und hüllet das zitternde Würmlein mild 
In ein Stückchen Linnen eint 
Weib, bist du rasend, zürnt die Frau, 
Wo nährn' ich Linnen her? 
Nur Seid' ist all, was an mir ich schau, 
Von funkelndem Golde schwer. 
' Gott hüte, daß ich begehren sollt', 
Was fremde mein Mund nur nennt, 
O so gebt mir, gebet, was ihr wollt, 
Und was ihr entbehren könnt! 
Da ziehet Frau Hitt ein hämisch Gesicht 
Und neigt sich zur Seite hin, 
Und bricht einen Stein aus der Felsenschicht 
Und reicht ihn der Bettlerin. 
Da ergreift die Verachtete wüthender Schmerz, 
Sie schreit, daß die Felswand dröhnt: 
O würdest du selber zu hartem Erz, 
Die den Jammer des Armen höhnt! 
Sie schreit's, und der Tag verkehrt sich in Nacht 
Und heulende Stürme zieh'n 
Und brüllender Donner rollt und kracht, 
Und zischende Blitze glüh'n. 
Den stutzenden Falben spornt Frau Hitt -- 
Ei, Wilder, was bist du so faul? 
Sre treibt ihn durch Hieb' und Stöße zum Ritt, 
Doch sühllos steht der Gaul. 
Und plötzlich fühlt sie sich selbst so erschlafft, 
Und gebrochen den kecken Muth; 
In jeglicher Sehne stirbt die Kraft, 
In den Adern stockt das Blut. 
Herunter will sie sich schwingen vom Roß, 
Doch versagen ihr Fuß und Hand, 
Entsetzt will sie rufen dem Rittertroß, 
Doch die Zunge ist fest gebannt. 
0 Diener.
	        
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