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Sneewittchen auf der Erde liegen, und es ging kein Atem mehr
aus seinem Munde, und es war tot. Sie hoben es auf, suchten,
ob sie etwas Giftiges fänden, schnürten es auf, kämmten ihm die
Haare, wuschen es mit Wasser und Wein, aber es half alles
nichts; das liebe Kind war tot und blieb tot. Sie legten es auf
eine Bahre und setzten sich alle sieben daran und beweinten es
und weinten drei Tage lang. Da wollten sie es begraben, aber
es sah noch so frisch aus wie ein lebendiger Mensch und hatte noch
seine schönen, roten Backen. Sie sprachen: „Das können wir nicht
in die schwarze Erde versenken, und ließen einen durchsichtigen
Sarg von Glas machen, daß man es von allen Seiten sehen
konnte, legten es hinein und schrieben mit goldenen Buchstaben
seinen Namen darauf, und daß es eine Königstochter wäre. Dann
setzten sie den Sarg hinaus auf den Berg, und einer von ihnen
blieb immer dabei und bewachte ihn. Und die Tiere kamen auch
und beweinten Sneewittchen, erst eine Eule, dann ein Rabe, zu—
letzt ein Täubchen.
Nun lag Sneewittchen lange lange Zeit in dem Sarge und
verweste nicht, sondern sah aus, als wenn es schliefe; denn es
war noch so weiß als Schnee, so rot als Blut und so schwarz—
haarig wie Ebenholz. Es geschah aber, daß ein Königssohn in
den Wald geriet und zu dem Zwergenhause kam, da zu übernachten.
Er sah auf dem Berge den Sarg und das schöne Sneewittchen
darin und las, was mit gold'nen Buchstaben darauf geschrieben
war. Da sprach er zu den Zwergen: Laßt mir den Sarg, ich
will euch geben, was ihr dafür haben wollt!“ Aer die Zwerge
antworteten: „Wir geben ihn nicht um alles Gold in der Welt.“
Da sprach er: „So schenkt mir ihn; denn ich kann nicht leben, ohne
Sneewittchen zu sehen, ich will es ehren und hochachten wie mein
Liebstes.“ Wie er so sprach, empfanden die guten Zwerglein Mit—
leiden mit ihm und gaben ihm den Sarg. Der Königssohn ließ
ihn nun von seinen Dienern auf den Schultern forttragen. Da
geschah es, daß sie über einen Strauch stolperten, und von dem
Schüttern fuhr der giftige Apfelgrütz den Sneewittchen abgebissen
hatte, aus dem Halse. Und nicht lange, so öffnete es die Augen,
hob den Deckel vom Sarge in die Höhe und richtete sich auf und
war wieder lebendig. „Ach Gott, wo bin ich?“ rief es. Der
Königssohn sagte voll Freude: „Du bist bei mir,“ und erzählte,
was sich zugetragen hatle, und sprach: „Ich habe dich lieber als
alles auf der Welt; komm mit mir auf meines Vaters Schloß, du
sollst meine Gemahlin werden!“ Da war ihm Sneewittchen gut
und ging mit ihm, und ihre Hochzeit ward mit großer Pracht und
Herrlichkeit angeordnet.