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mit Zwieback und einem weichen Ei und bleibt unter allen 
Umständen unabänderlich dasselbe. Nach dem Kaffee wor¬ 
den die Depeschen, Briese und Berichte hereingebracht. Der 
Schreibtisch ist von ihm immer streng in Ordnung gehalten, 
alle Papiere rechts und links nach ihrem Inhalte oder 
ihrer Bestimmung über einander gelegt, so daß vor dem 
Sitz immer ein freier Raum bleibt. Beim Durch lesen 
macht der Kaiser Zeichen ober Randbemerkungen auf die 
Schriftstücke, und die Beamten wissen darnach zu verfahren. 
Um 9 Uhr erscheint bcr Flügel Abjutant unb holt bic Be¬ 
fehle für bas Militair; bann kommt ber Hofmarfchall, 
um bie zum Hofhalte bestimmten Anordnungen zu empfangen. 
Dann beginnen die eigentlichen Staats- und Regierungs¬ 
geschäfte, indem die Minister erscheinen und ihre Vorträge 
halten. Gegen 11 ober 12 Uhr nimmt bcr Kaiser etwas 
kalte Küche unb zwar in ber Zeit zwischen zwei Vorträgen. 
Hat bann bie ununterbrochene Arbeit bis 2 ober o Uhr 
gebauert, so fährt bcr Kaiser ein wenig ans unb speist 
gewöhnlich um 4 Uhr zu Mittag. Große Delicatessen 
gibt es nicht, ba ber Kaiser in allen seinen Genüssen unb 
Bedürfnissen die Einfachheit liebt. An der Tafel herrscht 
die ungezwungenste Unterhaltung. Nach der Tafel zieht 
sich der Kaiser in sein Zimmer zurück und beginnt sofort 
wieder zu arbeiten. Von einem Ausruhen ist nicht die 
Rede. Ist der Kaiser in Berlin, so pflegt er zur Erholung 
abends das Theater zu besuchen, einer Vorlesung oder 
einem Concerte beizuwohnen. Auch liebt er abends eine 
kleine Gesellschaft um sich. Er raucht zwar gewöhnlich 
nicht, fordert aber andere dazu auf unb raucht bann auch 
wohl Jelbft mit. Zur Gewohnheit ist ihm roeber Rauchen 
noch Schnupfen geworben. Er hat eine so glückliche Natur, 
baß er alles thun, aber auch eben so leicht wieber lassen 
kann. Nur eine wirkliche Gewohnheit hat bcr Kaiser: 
bic Arbeit. Auch abeubs nach bcr Erholung arbeitet er 
gewöhnlich bis nach L2 Uhr. 
Von Gesinnung ist ber Kaiser offen, gerabe, echt 
beutsch burch unb burch. Von seiner Bescheibeuheit, Frömmig¬ 
keit unb seinem Gottvertrauen hat währenb bcs letzten
	        
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