Object: Deutsch-Afrika und seine Nachbarn im schwarzen Erdteil

Die afrikanischen Sprachen. 419 
dagegen durch Ansetzen eines a vor die Imperativform und Um- 
änderung des End-a in i, — rni arondi, ich habe geliebt. 
Der außerordentliche Formenreichtum mehrerer afrikanischer 
Sprachen zeigt sich am auffallendsten in der Kaffernsprache, welche 
durch Präfixe und Flexionen die Verbalformen in merkwürdiger 
Weise variieren kann. So z. B. kann „ich war liebend" (amabam) 
zunächst durch acht Formen dargestellt werden. Da aber die dritte 
Person hier, wie im ganzen Verbum, schon des Subjektpräfixes 
wegen zehnmal sich verändern kann, so resultieren für diese allein, 
durch alle acht Formen des Imperfektes 80 Formen. Und doch 
handelt es sich hier nur von einer Person einer Unterabteilung 
der einen Vergangenheit!! — Endemann zählt in seiner Basnto- 
grammatik nicht weniger als 37 Tempora und viel weniger sind es 
im Herero auch nicht. In jedem Tempus haben wir im Herero 
circa 20 Formen für die einzelnen Personen. 
Wenn sich auch hier der sprachbilöende Geist des Menschen von 
einer ganz neuen Seite zeigt, so muß man sich doch hüten, in dem 
Wortreichtum mancher afrikanischen Sprache eine besonders hervor- 
tretende geistige EntWickelung zu sehen. Völker von beschränktem 
geistigen Horizont und in einfachen Verhältnissen lebend, haben für 
dieselben Dinge eine Menge von Wörtern; die Malgassen z. B. 30 
für die verschiedenen Arten das Haar zu flechten, 20 für das Wachs- 
tum der Ochsenhörner, die Araber gegen 100 Namen für das Kamel. 
Livingston hörte bei den Südostafrikanern, die für jeden Hügel, jede 
Schlucht, jedes Bächlein einen Namen haben, gegen 20 Zeitwörter, 
um die verschiedenen Arten des Spazierengehens auszudrücken und 
noch mehr zur Bezeichnung der verschiedenen Arten der Narren. 
Die Kultur vermehrt mit den Bedürfnissen und Erfindungen auch 
den Wortschatz, beschränkt dagegen die Zahl der überflüssigen Be- 
Nennungen der Dinge. 
Höchst interessant ist die Rolle, welche die Euphonie in den 
afrikanischen Sprachen spielt. Bei vielen werden nach Hellfrich die 
Sätze nicht nach der Gedankenfolge, sondern nach dem Wohlklang 
eingeteilt, was durch ein regelmäßiges Alliterationssystem bewirkt 
wird und Speke sagt von der Sprache um den Nyanzasee, sie sei 
so wundersam wie die Bewohner, beruhe auf Wohlklang und fei 
deshalb sehr compliciert; um das Geheimnis ihrer Euphonie zu 
enträtseln, müßte man die Eigentümlichkeit einer Negerseele kennen. 
Wa, dem Namen eines Landes vorgesetzt, bedeutet in dieser Sprache 
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