Full text: Lesebuch für Mittel-Klassen in katholischen Elementar-Schulen

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er giebt den Kindern gern etwas, wenn sie ihm einen Ge— 
fallen thun. Auch die Äpfel und Nüsse sind nicht gestohlen. 
Die Nuͤsse haben wir gekauft, und die Äpfel bekamen wir 
geschenkt. Für das Geld haben wir ein Paar wollene Hand— 
schuhe auf den Winter für dich bestellt, damit dich nicht so— 
frieren soll, liebe Mutter, und in kommender Woche, an 
deinem Namenstage, wollten wir sie dir schenken. Ich wollte 
die Äpfel und Nüsse in unserm kleinen Armkörbchen, und 
Karl die Handschuhe auf einem irdenen Teller dir bringen. 
Siehst du, jetzt weißt du alles, liebe Mutter! Aber ach, 
nun ist dir die Freude verdorben!“ 
M. (mit Thränen ihn küssend.) „Nicht verdorben! lieber 
Fritzl meine Freude ist nun doppelt groß! — Ach verzeihe 
mir den Verdacht! er kam aus Liebe zu euch. Ihr sollt 
lieber sterben, als unehrlich sein“. 
F. „Aber, liebe Mutter, der arme Karl würde weinen, 
wenn du ihm sagtest, daß du ihn für böse gehalten hast. 
Er hat sich auf deinen Namenstag so herzlich gefreuet! Wir 
wollen schweigen von deinem Verdachte und ihn auch nicht 
wissen lassen, daß sein Geheimnis verraten ist!“ 
M. „Recht so, mein lieber Fritz! Unserm Karl soll die 
Freude nicht verdorben werden. Mir thut es leid genug, 
daß ich die deinige verdorben habe“. 
F. „O nein, o nein, lieb Mütterchen! Keine Freude 
verdorben! Giebt es wohl noch eine größere für mich, als 
die, daß du keinen Kummer mehr hast?“ 
56. Des Knäbleins Tod. 
Es spielte ein Knäblein im blumigen Klee, 
am grünenden Walde, am bläulichen See; 
und sieh', in den Binsen des Ufers da lacht 
die schönste Seerose in goldener Pracht. 
Mein Knäblein, das watet mit frevelndem Mut, 
die Blume zu pflücken, hinein in die Flut. 
„Halt“, rief ihm die Mutter mit warnendem Mund, 
„o, bleibe zurücke, sonst gehst du zu Grund!“ 
Das Knäblein verachtet ihr Warnen und Fleh'n; 
„Ei“, ruft es, „es wird mir so leicht nichts gescheh'n“. 
Schon pflückt es die Blume, da sinkt es hinab
	        
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