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Bündnissen gegen Frankreich. Er grollte mit Recht dem Kaiser, daß er
ihn so schmählich verlassen hatte, und auch noch mehr darüber, daß er
ihm auch seit 1675 die schlesische Erbschaft vorenthielt. In diesem Jahre
war nämlich die herzogliche Familie von Liegnitz, Brieg und Wohlan
ausgestorben, und weil der Kurfürst wegen des schwedischen Krieges nicht
Zeit fand, seine Erbansprüche zu erheben, so hatte der Kaiser diese Länder
eingezogen. Erst 1686 schloß der Kaiser, von den Türken bedroht, einen
Vertrag mit dem Kurfürsten, in welchem dieser seinen Ansprüchen auf die
schlesischen Herzogtümer entsagte, dagegen das Land Schwiebus als
böhmisches Lehen erhielt und gelobte, 7000 Mann Hülsstruppen nach
Ungarn zu schicken. Sie zeichneten sich unter dem General Schöning,
namentlich bei der Eroberung von Ofen, so aus, daß sie von den Türken
Feuermänner genannt wurden.
Um diese Zeit war es gewesen, wo der Kurfürst, im Groll über den
Undank des Kaisers, sogar freundschaftliche Beziehungen mit Ludwig XIV.
anknüpfte. Doch waren dieselben nur vorübergehend; Friedrich Wilhelm's
deutsches Herz wandte sich bald wieder von dem größten Feinde seines
Vaterlandes ab. Als im Jahre 1685 Ludwig XIV. das Edict von
Nantes aushob, nahm der Kurfürst 20,000 der unglücklichen Hugenotten
in seinem Lande auf und trachtete danach, diesen die neue Heimat lieb
und werth zu machen. Besonders siedelten sich diese strebsamen und ge¬
schickten Leute in der „französischen Kolonie" in Berlin an. Hatte der
Kurfürst dadurch schon Ludwig XIV. gegen sich aufgebracht, so geschah
das noch mehr, als er 1685 mit Wilhelm von Oranien einen Bund
schloß, in welchem beide sich gelobten, Frankreichs liebem acht entgegen¬
zustreben, damit das europäische Gleichgewicht nicht gestört werde;
auch versprach der Kurfürst, den Oranier mit Hülsstruppen bei der
Vertreibung seines Schwiegervaters, Jacob's II. von England, zu unter¬
stützen.
14. Um nach außen hin eine bedeutende Stellung einzunehmen, war
es des Kurfürsten Bestreben, die lose zusammenhängenden Theile
seines Landes zu einem Ganzen eng mit einander zu ver¬
binden unv die Sonderinteressen niederzudrücken. Deshalb übte er ein
straffes Regiment, vertheilte die Lasten gleichmäßig unter seine Untere
thanen uni) scheute selbst gewaltsame Maßregeln nicht, um das Wider¬
streben der Stände, die an ihren alten Rechten festhielten, zu brechen.
Sein Absolutismus war aber dem Lande zum Segen; denn mit eiserner
Beharrlichkeit hielt er den Grundsatz fest, daß nicht sein eigener Vortheil,
sondern das Wohl des Volkes bei allen Regierungshandlungen zn berück¬
sichtigen sei. Seine Macht mußte er auf das stehende Heer stützen, dessen
Mehrung er sich bis zu seinem Tode angelegen sein ließ. Als er starb,
hinterließ er ein Heer von 37,000 Mann. Die Truppen, die reich ge¬
kleidet und vorzüglich bewaffnet waren, verursachten aber bedeutende Kosten.
Deshalb mußten die Abgaben streng eingetrieben und sogar erhöht werden.
Er war aber auch unermüdlich thätig, dem Nährstande immer neue Er¬
werbszweige zuzuführen. Nach dem Vorgänge Colbert's in Frankreich
errichtete er Fabriken, hob die Industrie und brachte Handel und Gewerbe