Full text: Zweites Lesebuch für die unteren Mittelklassen der deutschen Volksschulen

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fort in ihr Dorf und ihre Häuser und suchten ihre Weiber; aber die 
wollten sie nicht mehr kennen. Sie sprachen: „Habt ihr denn keine 
Männer gehabt?“ „Ja“, antworteten jene, „aber die sind schon sieben 
Jahre tot und liegen im Kuttenberge begraben!“ Der zweite sprach zu 
seiner Frau: „Ich bin dein Mann“; aber sie wollte es nicht glauben, 
weil er den ellenlangen Bart hatte und ganz unkenntlich war. Da 
sagte er: „Hole mir das Bartmesser, das oben in dem Waschschranke 
liegen wird, und ein Stückchen Seife dazu!“ Nun nahm er sich den 
Bart ab, kämmte und wusch sich, und als er fertig war, sah sie, daß es 
ihr Mann war. Sie freute sich herzlich, holte Essen und Trinken, so 
gut sie es hatte, deckte den Tisch, und sie seßten sich zusammen hin und 
aßen vergnügt miteinander. Wie aber der Mann satt war und eben 
den letzten Bissen Brot gegessen hatte, da fiel er um und war tot. Der 
dritte Bergmann wohnte ein ganzes Jahr in Stille und Frieden mit 
seiner Frau zusammen. Als es aber herum war, zu derselben Stunde, 
wo er aus dem Berge gekommen war, fiel er und seine Frau mit 
ihm tot hin. Also hatte Gott ihre Wünsche ihrer Frömmigkeit wegen 
erfüllt. 
177. In der Sandgrube. 
1. Wir hatten heut ein Haus gebaun 2. Gs löste sich ein Körnlein los, 
von Sand. ganz klein; 
Wir hatten freudig darauf geschaut da rollt und bricht es Stoß auf Stoß, 
und seiner Festigkeit vertraut: und unser Haus, so schön und groß, 
es stand. stürzt ein. 
3. Wir sahen nun verwundert an 
das Spiel. 
Ein kleines Körnlein hat's gethan; 
ein kleines Körnlein aber kann 
doch viel. 
Enslin. 
4 
178. Simeliberg. 
Es waren zwei Brüder, einer war reich, der andere war arm. 
Der Reiche aber gah dem Armen vichts, und er mulste siech vom 
Kornhandel kümmerlich ernähren. Da ging es ihm oft so schlecht, 
dass er für seine Prau und Kinder kein Brot hatte. Einmal fuhr er 
mit seinem RKarren durch den Wald. Da erblickte er zur Seite einen 
grossen, kahlen Berg, und weil er den noch vie gesehen hatte, hielt 
Tr still und betrachtete ibhn mit Verwunderung. Wie er so stand, 
sah er zwölk wilde, grolss Männer daherkommen. Meil er nun 
glaubte, das wären Räuber, schob er seinen Karren ins Gebüsch und 
Ftieg auf einen Baum und wartete, was da geschehen würde. Die
	        
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