262. Der dreißigjährige Krieg und Gustav Adolf.
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unter Tilly bei Leipzig, folgte ihm dann nach Bayern und besiegte ihn aber—
mals am Lech. Da wandie sich der Kaiser in seiner Not an seinen früheren
Feldherrn Wallenstein, aber erst nach langem Zögern gab der stolze Mann
den flehentlichen Bitten nach. Er warb ein Heer, das ihm allein gehören sollte,
bei dem der Kaiser nichts zu sagen hätte, ja, nicht einmal erscheinen dürfte.
Nun hatte Gustav Ädolf wieder einen tüchtigen Feind zu bekämpfen.
Bei Nürnberg trafen beide Heere zusammen und standen monatelang verschanzt
einander gegenüber. Wallenstein wagte keine Schlacht; Gustav suchte vergeblich
Wallensteins festes Lager zu erstürmen. Endlich zogen sowohl die Schweden
wie die Kaiserlichen davon. Wallenstein wandte I
liche Verheerungen, Raub, Brand und Mord bezeichneten seinen Weg. Rasch
eilte der Schwedenkönig ihm nach. Auf seinem Zuge durch Sachsen empfing
ihn das Volk wie seinen rettenden Engel. Von aͤllen Seiten drängte es sich
juhelnd um ihn her, fiel vor ihm auf die Kniee und suchte die Scheide seines
Schwertes, den Saum seines Kleides zu küssen. „Ach“, sagte der König
traurig, „ich fürchte, daß mich Gott wegen der Thorheit dieser Leute strafen
werde. Ist es nicht, als ob fie mich zu ihrem Abgott machten? Wie leicht
könnte der Gott, der die Stolzen demütigt, sie und mich empfinden lassen,
daß ich nichts bin, als ein schwacher, sterblicher Mensch!“
5. Bei dem Städtchen Lützen, nicht weit von Leipzig, erreichte er
Wallensteins Heer An einem kalten Herbstmorgen, 6. November 1632, wäh—
kend dichter Nebel die Gegend bedeckte, bereiten sich die Schweden zur Schlacht.
Der König sinkt betend auf die Kniee, mit ihm fein ganzes Heer. Begleitet
von Pauken⸗ und Trompetenschall erbraust der Gesang: „Ein' feste Burg ist
unser Gott.“ Gegen Mittag bricht die Sonne durch die Nebelhülle. Da schwingt
sich der König auf sein Streitroß und ruft: „Nun wollen wit dran! Das walr
der liebe Gon! Jesu, Jesu! hilf mir heute streiten zu deines Namens Ehre!“
Und mit dem Feldgeschrei: „Gott mit uns!“ stürmen die Schweden gegen die
Wallensteinschen ann Es entsteht ein verzweifelter Kampf, hin und her schwankt
der Sieg. Eudlich dringt der schwedifhe rechi Flügel, von Gustad selbst ge⸗
führt, siegreich durch und jagt die Feinde fliehend vor sich her. Da erfährt der
König, sein linker Flügel wanke Mi Blitzesschnelle eilt er dorthin; nur wenige
können ihm folgen. Sein kurzes Gesicht bringt ihn zu nahe an den Feind; er erhält
einen Schuß in den Arm, gleich darauf einen zweiten in den Rücken. Mit dem
Seufzer: „Mein Gott, mein Gott!“ sinktt er dom Pferde. Und über den Ge—
fallenen slürmen die schnaubenden Kriegsrosse hinweg und zertreten mit ihren
Hufen den edlen Leib. Des Königs Tod erfüllt die Schweden mit glühendem
Rachedurst. Gleich grimmigen Löwen stürzen sie sich auf die Feinde und werfen alles
bor sich nieder. Nichts hilft es den Kaiserlichen, daß der kühne Reitergeneral
Pappenheim ihnen frische Truppen zuführt. Er selber fällt, von schwedischen
Kugeln durchbohrt; und nun is der Sieg errungen. Mit dem Rufe: „Der
Pappenheimer ist tot, die Schweden kommen über uns!“ ergreifen die Kaiser⸗
lichen die Flucht. Aber der Verlust ihres Heldenkönigs raubte auch den Schweden
die Siegesfreude. Erst am andern Tage fanden sie seinen Leichnam, der Kleider
beraubt, bedeckt mit vlut und vielen Wunden. Er wurde nach Schweden gebracht
und zu Stockholm in der königlichen Gruft bestattet. Die Stätte, wo er auf dem