295. Das Gottesgericht in Srankreich u. die Wiederherstellg. d. Deutschen Reiches. 331
korps (die Pommern) und das 7. (die Westfalen) zu Werders Truppen marschieren
ließ. Der Oberbefehl über dieses neue Heer ward dem General von Manteuffel
übertragen, während derselbe als Führer der ersten Armee durch den General
von Göben ersetzt ward. Aber die beiden Korps, welche Werder unterstützen
sollten, hatten erst gewaltige Märsche zu machen, die Poinmern von Paris her
nicht weniger als 60 Meilen. Inzwischen drängte Bourbaki vorwärts, Werver
mußte Dijon räumen und sich mit seiner Schar in eine feste Stellung unweit
Belfort zuͤrückziehen. Hier hatte er vom 15. —17. Januar 1871 drei furcht⸗
bare Schlachttage zu bestehen, aber weil jeder Soldat fest entschlossen war, lieber
zu sterben, als zu weichen, so behauptete er siegreich gegen die dreifach
überlegene Zahl von Feinden seine Stellüng. Dies war eine der
glänzendsten und folgenreichsten Thaten in dem ganzen Kriege. Bourbaki mußte
jetzt den Rückzug unternehmen, aber schon war es zu spät. Denn Manteuffel
verlegte ihm durch außerordentlich geschickt geleitete Märsche über die schnee—
bedeckten Höhen des Jura den Weg nach dem Süden; vergeblich suchten seine
Truppen durchzubrechen, in verzweifelten Kämpfen verloren sie über 15000 Mann
bloß an Gefangenen und mußten endlich, um sich nicht zu einer Kapitulation
wie der von Sedan gezwungen zu sehen, sich auf das Gebiet der Schweiz flüchten,
wo sie entwaffnet und bis zum Friedensschlusse in Verwahrsam gehalten wurden.
So war auch diese Armee, auf welche die Franzosen nicht ohne Grund
so große Hoffnungen gesetzt hatten, vernichtet. Kurz vorher, am
19. Januar, hatte General von Göben in der Schlacht bei St. Quentin die
Reste der von Manteuffel schon dreimal geschlagenen französischen Nordarmee
völlig zertrümmert.
Nun kamen endlich die Franzosen zur Erkenntnis ihrer Ohnmacht. Bei—
nahe eine halbe Million ihrer Krieger war in deutscher Gefangenschaft, Hundert—
tausende waren in den blutigen Schlachten gefallen oder den fürchterlichen An—
strengungen erlegen, 25 ihrer Festungen waren in deutschen Händen. In zahl⸗
losen Schlachten waren sie unterlegen, ohne ihrerseits auch nur einen einzigen
Sieg von Bedeutung aufweisen zu können; ihr Land war verheert und ausge⸗
sogen. Gleichzeitig brachten aber auch in Paris der Hunger und der Schrecken
unserer Bomben eine gewaltige Sinnesänderung hervor. So ward denn end—
lich am 28. Januar 1871 ein Waffenstillstand abgeschlossen, durch welchen
dem thränen- und jammervollen Kriege vorläufig ein Ende gesetzt ward. Den
Festungskranz um Paris besetzten unsere Truppen, die eingeschlossenen Heere
mußten ihre Waffen abliefern und sich als kriegsgefangen betrachten, nur die soge⸗
nannten Nationalgarden, d. h. die wehrhaften Bürger von Paris, durften zur
Aufrechterhaltung der Ruhe und Ordnung ihre Waffen behalten. So war
Paris, die „heilige“ Stadt, wie die Franzosen sie gern nannten, wehrlos in
unsere Hand gegeben; die stärkste Festung und glänzendste Stadt der Welt hing
von der Gnade unseres Kaisers ab. In den ersten Tagen des März zogen
unsere ruhmbedeckten Truppen als stolze Sieger in den reichsten und schönften
Teil von Paris ein, wobei selbst die Feinde nicht umhin konnten, die strenge
Zucht und die Maßhaltung der deutschen Soldaten zu bewundern; Kaiser Wilhelm
aber ersparte in hochherziger Gesinnung den Überwundenen jede weitere Demüti—
gung, als sie sich bereit erklärten auf unsere gerechten Forderungen einzugehen.