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3. Die hauptsächlichsten Verwaltungszweige der gegen¬
wärtigen Staaten sind:
1. die auswärtigen Beziehungen, d.h.zu den anderen Staaten;
2. das Heer und die Flotte;
3. die Ordnung im Innern oder das Polizeiwesen;
4. das Gerichtswesen;
5. der Verkehr (Eisenbahn, Post und Telegraphie);
6. das Unterrichts- und Kirchenwesen;
7. Landwirtschaft, Gewerbe und Handel;
8. die Finanzen;
9. die Kolonieen.
An der Spitze jedes dieser Zweige, die natürlich in den ein¬
zelnen Ländern nach ihrer Wichtigkeit verschieden begrenzt sind,
steht ein Minister, der für die gesamte Verwaltung seines
Amtsgebietes (Ressorts) die O b er a u ss i ch t und die Verant¬
wortung hat. Ihm untersteht die ganze Beamtenschaft seines
Bezirks, die bisweilen sehr zahlreich ist.
Die Entwicklung des Beamtentums (Bureaukratie) kann
aber leicht den Nachteil mit sich bringen, daß die Beamten, die
meist nur theoretisch gebildet sind, der Kenntnis der wirklichen
Volksbedürfnisse entbehren. Um diese Gefahr zu beseitigen, er¬
halten in den meisten modernen Staaten auch die verschiedenen
Stände des Volkes Anteil an der Verwaltung,
nicht nur in den Parlamenten, sondern auch in der Rechtsprechung
und der gesamten inneren Verwaltung. Dies ist Zweck und
Inhalt der sog. Selbstverwaltung, die nach englischem
Vorbild besonders auch im Deutschen Reich und in Preußen
durchgeführt ist.
§ 16. Einfluß des Wettstreites der Staaten auf die Art
ihrer Verwaltung.
Auch für die Staatsverwaltung ist das Grundgesetz jedes
Staates, die S elb sterh al tu n g, von mächtigern Einfluß ge¬
wesen. Die Nebenbuhlerschaft oder Feindschaft anderer Staaten
zwang jeden Staat, ferne eigenen Kräfte möglichst zu verstärken.
Zuerst versuchte mau, wie wir auch in der deutschen Geschichte
sehen, den Staat über möglichst weite Gebiete auszu¬
dehnen, um so größere Macht zu erlangen. Die dynastische Po¬
litik des ausgehenden Mittelalters und am Ansang der Neuzeit
zeigt dies Bestreben am deutlichsten.
Gegen diese in die Breite gehende (extensive) Machtent¬
saltung erhob sich dann mit dem Beginn der neueren Zeit die
nationale Selbständigkeit der einzelnen Völker, die