fullscreen: Geschichts-Leitfaden für Bürger- und Mittelschulen

— 102 — 
Ein Oheim gab dem begabten Knaben eine sorgfältige 
Erziehung in einem Kloster. Als Priester in Rom 
leuchtete er durch Strenge und Sittenreinheit hervor. 
Unter fünf Päpsten war er der vertraute Ratgeber, ja 
die Seele des päpstlichen Regiments. Sein ganzes 
Streben ging dahin, die Kirche im Innern zu 
läutern und über alle weltliche Gewalt zu er- 
heben. Wie sehr eine Läuternng not that, erhellt 
aus den Worten eines Schriftstellers jener Zeit: „Keiner 
konnte Bischof oder Abt werden, der nicht viel Geld 
besaß. Religion, Wahrheit und Gerechtigkeit wurden 
verlacht. Unter den Priestern wurde der am meisten 
gelobt, der das üppigste und wüsteste Leben führte." 
Mit starker Hand ergriff Gregor die Zügel des Kirchen- 
regiments, als er zum Papst gewählt worden war. 
Er war ein Mann von seltenem Scharfsinn, großer 
76. (Ein Bischof Kühnheit und unbeugsamer Festigkeit. Ein neu ge- 
aUS " wonnener Vasall sollte die Rechte des Papstes gegen 
hnn ert. ken deutschen Kaiser verteidigen; dies war der Nor- 
mannenherzog Robert Guiscard, der den Griechen Sicilien und 
Unteritalien entrissen hatte. Der Papst sollte fortan nur von dem 
Kollegium der Kardinäle, d. h. von den Geistlichen an den Haupt- 
kirchen Roms und den Bischöfen der Umgegend, gewählt werden. Durch 
diese Verordnung war dem Kaiser 
jeder Einfluß auf die Wahl entzogen. 
Das Verbot des Verkaufs der 
geistlichen Stellen für Geld 
wurde erneuert, um die Kirche von 
unwürdigen Dienern zu säubern. / 
Allen Geistlichen gebot Gregor Ehe- 
losigkeit und führte dieses Gebot 
strenge durch, um die Geistlichen 
M von weltlichen Sorgen und Rück- 
H sichten zu lösen und einzig an die 
^ Kirche zu ketten. Am meisten schä¬ 
digte er die kaiserliche Gewalt durch 
das Verbot der Belehuung eines 
Bischofs oder Abts mit Ring 
n n d S t a b, den Zeichen der geistlichen 
Würbe, durch einen weltlichen 
Fürsten. Bisher hatte ber Kaiser bie Bischöfe unb Äbte, bie zugleich 
große Reichsgüter besaßen, eingesetzt unb ber Papst sie nur für bas 
geistliche Amt geweiht. Nun sollten bie Geistlichen burch bie Dom¬ 
kapitel (geistliche Wahlkörper) unb ben Papst gewählt werben unb 
bamit zugleich bie weltlichen Besitzungen ohne weiteres erhalten. Da- 
burch würbe natürlich ber Bischof vom Staate unabhängig unb allein 
77. Gregor VII.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.