108 IV. Das Zeitalter d. unumschr. Fürstengewalt. Aufstieg Preußens z. europ. Geltung.
seine erbitterte Gegnerin, die Kaiserin Elisabeth von Rußland. Ihr Nesse
und Nachfolger Peter III. aus dem Hanse Holstein-Gottorp war ein
glühender Verehrer des Königs. Er vertrug sich mit ihm, vermittelte
auch den Frieden mit Schweden, schloß sogar ein Bündnis mit Friedrich
und ließ eine Heeresabteilung zu ihm stoßen. Aber schon nach einem
halben Jahre wurde Peter gestürzt und ermordet. Seine Gemahlin und
Nachfolgerin Katharina II., eine deutsche Prinzessin aus dem Hause
Anhalt-Zerbst, bestätigte zwar den Frieden, aber nicht das Bündnis
und rief ihre Truppen zurück. Mit neuem Mut erfüllt, hatte sich Fried--
rich gegen die Österreicher gewandt. Er rückte gerade zur Schlacht aus, als
der Befehl der Zarin eintraf; doch bediente er sich noch der Anwesenheit
der Russen, indem er sie in Schlachtordnung aufstellen ließ, um mit den
eigenen Truppen seinen alten Gegner Daun bei Burkersdorf zu schlagen.
Im Spätherbst eroberte er Schweidnitz zurück, während sein Bruder
Heinrich die Österreicher und Reichstruppen bei Freiberg in Sachsen
schlug. So hatte Friedrich am Ende des Jahres 1762 fast alle seine
Länder wieder im Besitz.
§ 105. Die Friedensschlüsse 1763 und die Ergebnisse des Krieges. Im
Westen waren die Franzosen nach wie vor unterlegen gewesen. Noch un-
glücklicher hatten sie im Verein mit Spanien gegen die Engländer ge-
kämpft. Sie einigten sich daher mit diesen in einem vorläufigen Frieden,
De, Friede zu der im Februar 1763 zu Paris bestätigt wurde: außer einigen Besitzungen
^eg5 in Ost- und Westindien traten sie ganz Kanada an England ab.
Inzwischen hatten auch „der König und die Kaiserin, des langen
Haders müde", Friedensverhandlungen augeknüpft, und wenige Tage nach
Der Friede zu dem Pariser Frieden wurde auf dem sächsischen Jagdschlosse Hubertus-
dÄg?76s' bürg der Friede zwischen Preußen und Österreich unterzeichnet: Friedrich
behielt Schlesien und versprach dem Erzherzog Joseph, Maria Theresias
Sohn und Thronerben, seine Stimme für die Kaiserwahl.
Der Kampf um die Seeherrschaft war zugunsten Englands entschieden
und das Schicksal Nordamerikas fortan mit dem des angelsächsischen Volks-
stammes verknüpft. Das koloniereiche Spanien war wie einst das Handels-
mächtige Holland und das heerestüchtige Schweden aus der Reihe der
europäischen Großmächte ausgeschieden, Rußland und Preußen hatten den
Kreis wieder geschlossen. England, Frankreich, Österreich, Preußen und
Rußland waren die fünf Mächte, die die Geschicke Europas seitdem be-
stimmten. Freilich hatte Frankreich seinen alten Ruhm eingebüßt, Preußen
dagegen seine jüngst errungene Stellung glänzend bewährt. Die Siege
Friedrichs des Großen über seine außerdeutschen Gegner, namentlich über
Frankreich, hatten das deutsche Stammesgefühl mächtig geweckt. Aller-
dings herrschte hinfort ein verhängnisvoller Zwiespalt in Deutschland; denn
hier standen einander zwei Großmächte gegenüber, und die Zukunft mußte
entscheiden, welcher von beiden die Vorherrschaft zufallen werde.