126. Hamburg.
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Segel und Wimpel, überall Lustgärten, überall Leben und Wirken 31t
Wasser und zn Lande. Die Elbe, durch einige Dutzend Inseln getheilt,
die theils der Stadt, theils Hannover angehören, darunter der Bill¬
werder, dessen 100 Windmühlen ihre Riesenarme in die Lust bewe¬
gen, mag hier immer zwei Stunden Breite haben, und die vielen
Krümmungen des Fahrwassers, Ebbe und Flnth, Wind und Wetter
machen, daß man auch mit dem Dampfschiff nicht allznschnell hinüber¬
kommt, und Zeit genug hat, sich umzuschauen und des großartigsten
Blickes sich zn freuen.
Die Neustadt hat seit dem großen Brande schöne regelmäßige
Straßen bekommen und sieht wie ein geputztes Sonntagskind ans; aber
wie viel lebendiger, interessanter, sehenswerther ist doch die unregelmäßige,
ungeputzte, alltägliche, aber handeltreibende Altstadt mit ihrem
Niederhafen und Oberhafen! Dort kann man die Seeschiffe anstaunen
und bewundern, hier aber landen wohl an hundert Elbkähne (mit einem
Segel versehen und „Ewern" genannt), die meist aus den Vierlan-
d e n (einer ursprünglich von Holländern gegründeten Eolonie) und den
vielen Elbinseln und Marschen Milch, Früchte, Blumen, Gemüse, Heu,
Stroh, Holz, Torf, Fische und Geflügel den Hamburgern zuführen.
Alle diese Insel- und Elbnfer-Bewohner durchziehen in ihren eigenthüm¬
lichen Trachten die Straßen Hamburgs mit ihren Waaren, die sie
in einem für den Süddeutschen ganz unverständlichen Plattdeutsch
feil bieten.
Dieser lebendige Handelsverkehr wiederholt sich Tag für Tag, ohne
Aufhören kommen und gehen Seeschiffe und Flußschiffe, wenn auch nach
der Fluthzeit die Stunde des Abgangs und der Ankunft wechselt. Re¬
gelmäßig gehen und kommen aber die Dampfschiffe von Amsterdam, Hüll,
London n. a. O., und die Dampfschifffahrts-Gesellschaft hat auch Sorge
getragen, daß man täglich nach Harburg und Cuxhaven gelangen kann.
Man staunt über die Betriebsamkeit eines Volkes an den Ufern
eines Flusses, dem Hamburg Alles verdankt, der freilich auch, trotz der
Eindeichungen, es seinen Anwohnern zuweilen fühlen läßt, welch' ein
strenger Herr er ist; denn bei großem Wasser, namentlich Springflnthen,
werden die niedrig gelegenen Wohnungen und die Kellerstuben unter
Wasser gesetzt. Doch wenden wir uns nun zur inneren Stadt!
Das Flüßchen Alster, im Holsteinischen entspringend, ergießt sich
in Hamburg durch mehrere Canäle, „Fleete" genannt, in die Elbe
und bildet, von den Jungfernstiegen, dem Wall und Alsterdamm umge¬
ben, zwei schöne Becken, die Binnen- und Außeualster. Der dritte
Theil der inneren Stadt wurde vom 5. bis 8. Mai 1842 durch den
großen Brand verwüstet; indessen sind neue Straßen und herrliche
Gebäude wieder erstanden, wodurch Hamburg eine der schönsten Städte
geworden ist.
Der frühere Festungswall, welcher die Stadt auf der Landseite
umgibt, ist jetzt in einen herrlichen Stadtgarten mit malerischen Aus¬
sichten verwandelt. Von der Alsterhöhc am Ferdinandsthore genießt