138. Der Mülleresel.
Was muß der Müller haben,
wenn uns das Brot soll laben?
Von Korn und Mehl wird schwer der Sack,
der Esel trägt den ganzen Pack,
und trabt er faul zur Mühle,
so muß den Stock er fühlen.
Gerst' und Roggen, Flügel und Räder,
Wind und Esel, Sack und Stock
und zuletzt einen Ziegenbock
muß der Müller haben. Löwenstein.
139. Der Esvel.
1. Ein Esel, der einen Sack mit Salz auf seinem Rüchken
trug, mubte durch einen tiefen Bach gehen. Mitten im Bache
strauchelte er und fiel ins Wasser. Als er wieder aufstand, merkte
er, daß seine Last viel leichter geworden war; denn ein grober
Teil des Salzes hatte sich im Wasser aufgelöst. „Das will ioh mir
merkenl? sprach er vergnügt vor sich hin.
2. Am andern Tage hatte der Esel einen nicht sehr schweren
Sack mit Schwämmen zu tragen. Als er nun wieder durch ein
Wasser kam, legte er sich absichtlich nieder, denn er dachte sieh
so die Last nocoh leichter zu machen. Aber wie hatte er sich ver-
rechnet! Die Schwämme waren durch das eingesogeno Wasser s0
schwer geworden, dab er seine Bürde nur mit gröbter Anstrengung
kortbringen konnte. Nach Isop.
140. Knüppel aus dem Sack.
Der dritte Sohn des Schneiders war bei einem Drechsler in die
Lehre gekommen, und weil das ein kunstreiches Handwerk ist, mußte er
am längsten lernen. Als der Drechsler nun ausgelernt hatte und wandern
sollte, so schenkte ihm sein Meister, weil er sich so wohl gehalten, einen
Sack und sagte: „Es liegt ein Knüppel darin.“
„Den Sack kann ich umhängen, und er kann mir gute Dienste
leisten, aber was soll der Knüppel darin? der macht ihn nur schwer.“
„Das will ich dir sagen“, antwortete der Meister; „hat dir jemand etwas
zuleid getan, so sprich nur: Knüppel aus dem Sack! so springt dir der
Knüppel heraus unter die Leute und tanzt ihnen so lustig auf dem Rücken
herum, daß sie sich acht Tage lang nicht regen und bewegen können; und
eher läßt er nicht ab, als bis du sagst: Knüppel in den Sack.“
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