285. Dorfmusik.
Georg Christian Dieffenbach.
1. Hoch auf dem Zaun der Gockelhahn fängt die Musik mit
Krähen an; die Hühner stimmen lustig ein, die Gans will auch
nicht stille sein
2. Die Ziege meckert in dem Stall, es blöken laut die Schäf—
lein all, es bellt der Hund, und grunzend schrein die Schweine
alle, groß und klein.
3. Das Spätzlein selbst mit hellem Klang stimmt an den
lieblichsten Gesang; im tiefsten Basse brummt dazu im Stalle hier
die alte Kuh.
A4. Die Drescher in der Scheune dort, sie schlagen flink in
einem fort den Takt dazu, daß laut es knallt und weithin durch
das Dorf hinschallt.
5. Das quiekt und schreit, das pfeift und summt, das klopft
und grunzt, das blökt und brummt. Wer hört je in der Stadt
solch Stück? Das ist die lust'ge Dorfmusik!
286. Bach und Fluß.
* Ernst Lausch.
Tief in der Erde war einmal ein Wassertropfen. Weil es
aber so dunkel in der Erde und der Wassertropfen so ganz allein
war, so gefiel es ihm gar nicht, und er ging in der Erde weiter
Da traf er einen andern Wassertropfen und noch einen, und es
kamen immer mehr zusammen, die gingen alle mit ihm. Weil es
nun aber so viele Tropfen waren, so hatten sie große Kraft be—
kommen und sagten: „Wir wollen oben ein Loch in den Erdboden
machen und hinausgucken, daß wir die Sonne sehen können.“ Und
sie machten richtig ein Loch und guckten hinaus und sahen die Sonne
und den Himmel. O, wie war da alles so schön! Sie waren aber
nicht stille, sondern flüsterten und murmelten vor Freuden. Da
kamen noch mehr Tropfen hinterher, die hatten die Freude gehört
und wollten auch den Himmel sehen. „Ei, da ist eine klare Quelle,“
sagten die muntern Kinder, die gerade da waren, und sie schöpften
mit den Händen und tranken davon, und es floß immer mehr
Wasser aus der Quelle. Da hatte es keinen Platz mehr, und die
ersten Tropfen liefen weiter und weiter, und andere folgten hinter—
her. So gingen sie wie eine Schlange ein Stückchen durch das
Gras und kamen an den blauen, gelben, roten und weißen Blumen
vorüber; die sagten: „O, wie schön, wie schön! Da kommt ein
Bächlein! Bleibe hier, liebes Bächlein, und spiele mit uns!“ —
„Nein, nein,“ sagte das Bächlein, „ich muß weitergehen!“ Und
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