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gefunden haben, bringen sie es der Mutter, und die Mutter stellt
es in das Wasserglas. Da blüht es fort und füllt die Stube mit
Wohlgeruch.
Friedrich Stillcke
198. Von den Pröschen.
Den Winter hindurch liegen die FPrösche im tiefen Schlamm—
grunde des Deiches starr und steif, wie tot, ohbne zu essen und
zu atmen. die träumen vielleicht von Sonnenschein und schönen
Fliegenbeinchen, von Nixenblumen und fetten Würmchen, während
droben auf dem glatten Bisspiegel muntere Knaben Schlüttschuh
laufen. Da klopft der Frühling an die grobe Pensterscheibe
ihres Zimmers, und von dem starken Pochen springt sie entzwei
in tausend Stücke. Nun wachen die Frösche vom Winterschlafe
auf. die recken und strecken sich und dehnen ihre Glieder, die
so lange mübig waren. Jetzt heben sie sich vom tiefen Grunde
nach oben. Urst steckt ein einzelner den dicken Kopf empor
übers Wasser und quakt in kurzen, tiefen Tönen; dann fallen
zwei, drei andere ein und zuletzt der ganze Chor. Din grohes
Prühlingslied wird eingeübt und den ganzen schönen Abend
lang dem Monde vorgesungen. Zwei dicke Schallblasen treten
dabei dem Männchen an der Seite des Kopfes hervor und belfen
den Schall verstärken.
NMaun legen die fröhlichen Frösche ihre Eier. Grobe Massen
von gallertartigem Aussehen, dem REiweib ähnlich, hängen sie
an die Wasserpflanzen. Dunkle Pünktehen sind in dem schlei-
migen Froschlaich. Aus jedem dieser Pünktchen wird einst ein
Frosch. Das laus Wasser ist die grobe Wiege der jungen
Erösche, die duft'ge Maienluft schaukelt sie gelinde. Weibe
Hahnenfußblüten und gelbe Dotterblumen sind die bunte, leiehte
Decke. Die Sonne ist die grobe Mutter, die mit warmen
Strahlen Hunderte von Liern ausbrütet.
Das Puünktchen in dem EFroschlaich wird gröber und gröber,
die gallertartige, lare Masse wird geringer und zerteilt sich
Der junge Frosch schlüpft aus. Welch' wunderliche Gestalt
zeigt er! Ein rundes, schwarzes Körperchen und daran ein
langer, breiter Schwanz: das ist das ganze Tier. Noch ist kein
Unterschied von Kopf, Hals und Rumpf zu merken. Nur die
Augen und den Mund sehen wir, und an den Seiten ragen drei
zartgefaserte Häutchen in das Wasser. Dies sind die Kiemen,
dureh die das Tier Atem holt. Sie sind geeignet, die Luft auf