Full text: Lesebuch für die Mittelstufe ostfriesischer Volksschulen

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sie heraus, wenn das Mücklein nahe genug ist, ergreift es und 
kehrt mit ihm zum Munde zurück. 
Die ganze Verwandlung dauert drei bis vier Monate. Bis 
aber der Erosch ausgewachsen ist, darüber vergehen mehrere 
Jahre. Hermann Wagner. 
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199. Der Hecht im Fischteiche. 
Es ist schon lange her, als der alte Hecht zum erstenmal im Teiche 
frühstückte. Er hatte sein Lebtag mit einem schlimmen Erbübel zu 
kämpfen, dem Hunger, der ja auch manchem andern viel zu schaffen 
macht, der kein Hecht ist. Aber es ist ein sehr schlimmes Ding, wenn 
einer nur dadurch satt werden kann, daß er die andern auffrißt. 
Zunächst machte der Hecht sich an die kleinsten Fische im Teiche. 
Die munteren Gründlinge hatten ihre hellblauen Eier an den Steinen 
des Grundes festgekittet. Das gab bequeme Mahlzeiten für den hungrigen 
Burschen. Erst speiste er von dem Laich, und wie die jungen Gründ— 
linge ausschlüpften und sich eben umsehen wollten, wo sie eigentlich 
wären, da hatte der Hecht schon ein Dutzend und mehr von ihnen weg⸗ 
geschnappt. Die andern stoben nach allen Seiten auseinander oder 
versteckten sich unter die Steine. 
Als er größer und stärker geworden war, machte er auch Jagd auf 
größere Fische. Die wissen recht gut, welch ein schlimmer Patron der 
Hecht ist, und nehmen beizeiten vor ihm Reißaus. Jede Art verfährt 
dabei auf ihre besondere Weise. Die einen tauchen rasch nach dem 
Grunde, die andern schießen im Bogen dahin, noch andere können 
blitzschnell links- und rechtsum machen. Da gilt's für den Hecht, noch 
schneller und schlauer zu sein als sie alle, sonst bleibt sein knurrender 
Magen leer, und er hat allenthalben nichts als das Nachsehen. Zum 
Fassen seiner Beute hat der Hecht gewaltige Reihen sehr scharfer, spitzer 
Zähne. Er bekommt sein Lebtag weder Zahnschmerzen noch hohle Zähne. 
Sind die alten Zähne etwas abgenutzt, so wachsen flugs neue nach. 
Viele Jahre hatte der Hecht in dem Teiche sein Wesen getrieben 
und manches Hundert Fische verspeist, große und kleine. Einmal hatte 
er auch eine Wasserratte verschlungen, ein andermal ein junges Entchen 
verschluckt. Er war dabei lang und schwer geworden und verstand es, 
alle Angeln und Netze schlau zu vermeiden. Je größer und stärker er 
aber ward, desto größer ward auch sein Hunger und desto schlimmer sein 
Übermut und seine Frechheit Da ward ihm zuletzt seine Freßbegier 
noch zum Verderben. 
Eines schönen Tages schwamm der alte Schwan auf dem Teiche 
und spiegelte sich in dem klaren Wasser, steckte auch den langen Hals
	        
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