— 43 —
Dazu sind Blumen da, von dir gepflückt zu sein;
gie selber laden dich dazu mit Nicken ein.
Nur eines unterlass ich nicht dir einzuschärfen:
dass du nicehts pflũcken darfst, bloss um es wegzuwerfen.
Der schönste Strauss des Frũüblings blüht für dich,
doch wenn du ihn nicht brauchst, so lass ihn blühn für sich.
64. Auf der Wiese.
Viel tausend Blumen stehen Möcht' alle Blumen bringen,
im Sonnenglanze hier, den lieben Eltern mein,
kann sie nicht alle sehen, zu ihnen lustig springen
wünsch aber alle mir! mit hundert Sträußelein!
Hätt' ich doch tausend Augen Jed's Blümlein freundlich nicket,
und Hände ohne Zahl! als woll's mit mir nach Haus!
Könnt' sie wohl alle brauchen, Ich habe schon gepflücket
die Wiese pflückt' ich kahl. den allerschönsten Strauß.
65. Das Johanniswürmchen.
Wenn im Sommer ein recht warmer Abend ist, und die Leute
an ihrer Arbeit vor der Thür oder am offenen Fenster sitzen, dann
sieht man leuchtende Vöglein in der Luft fliegen, beinahe als
wären sie Goldfünkchen. Man nennt diese leuchtenden Vöglein
Johanniswürmchen; sie sind kleiner als eine Fliege, und man kann
sie in die Hand nehmen und sie betrachten, denn sie leuchten wohl,
aber sie brennen nicht. Allein in der Hand sind sie lange nicht
so schön als in der Luft. Deshalb springen ihnen die Kinder
bloß nach, aber sie fangen sie nicht; und die guten Kinder schla—
gen sie auch nicht, denn sie haben eine große Freude mit den
flatternden Lichterchen.
Einmal saß ein solches Johanniswürmchen auf dem Grase
und leuchtete weit umher und breitete eben seine Flügel aus, um
sich in die Luft zu schwingen, wo es mit anderen herumflattern
und tanzen wollte. Da kam eine Kröte, ein garstiges, neidisches
Tier. Die ärgerte sich, daß das kleine Käferchen so schön, und
sie so häßlich war, und dachte: „Warte, ich will dir das Leuchten
vertreiben!“ Sie schlich herbei und spritte das arme Tierchen
über und über voll von dem Gifte, das sie in ihrem Bauche trägt.
Allein es half ihr nichts. Denn als es ein Knabe sah, trieb er