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84. Sechzig Ernten.
Ein frommer Landmann mit silberweißem Haar wandelte
mit seinem Enkel, einem Jünglinge, auf dem Felde zur Zeit der
Ernte. Da scherzte der Greis mit den Schnittern, wie sie nur
Kinder gegen ihn seien, der mehr denn sechzig Ernten gewältigt.
Da reichte einer der Schnitter ihm eine Sense; der Greis aber
nahm sie und mähte einen Schwaden zu Boden wie ein rüstiger
Jüngling. Und die Schnitter jauchzten und strichen die Sense ihm
zu Ehren. Der Jüngling, sein Enkel, aber sprach zu ihm: „Mein
Großvater, woher hast du solch ein gutes Alter?“
Da antwortete der Greis und sprach: „Siehe, mein Sohn,
ich habe von Jugend an auf Gott vertraut in guten und bösen
Tagen, dadurch habe ich mir den frischen Mut bewahrt; ich habe
fleißig meines Berufs gewartet und treu gearbeitet, dadurch ge⸗
wann ich des Leibes Stärke und Gottes Segen; ich wandelte vor
Gott und friedsam mit den Menschen, dadurch habe ich mir
Friede und Freudigkeit bereitet. Und mit den Jahren ist solches
alles durch Gottes Gnade in mir befestigt und gegründet wor—
den. — Thue desgleichen, mein Sohn, so wird dein Alter sein
wie eine volle Garbe, die der Herr der Ernte mit Freuden in die
Scheune sammelt.“
85. Das Ahrenfseld.
Ein Leben war's im Ährenfeld
wie sonst wohl nirgends auf der Welt;
Musik und Kirmes weit und breit
mit lauter Lust und Fröhlichkeit.
Die Grillen zirpten früh am Tag
und luden ein zum Zechgelag;
Hier ist es gut. Herein! herein!
Hier schenkt man Tau und Blütenwein.
Der Käfer kam mit seiner Frau,
trank hier ein Mäßlein kühlen Tau,
und wo nur blinkt ein Blümelein,
da kehrte gleich das Bienchen ein.
Den Fliegen ward die Zeit nicht lang,
sie summten manchen frohen Sang.
Die Mücken tanzten ihren Reihn
wohl auf und ab im Sonnenschein.