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ein Dieb geworden, wie ihr es seid. Ich will mir's merken.
Pfui, wie häßlich ist es, ein Dieb zu sein.“ Hans merkte
sich wirklich dieé Geschichte, und wenn er später in Vor—
suchung kam und Last verspürte, Obst von den Bäumen
zu stehlen oder sonst etwas wegzunehmen, klang's ihm
immer in den Ohren: Dieb! Diebl! und dann erschrak er
und ging rasch vorüber und sagte leiss: „Die Spatzen!
dio Spatzen! hüte dich!
127. Feurĩqges Wasser.
Heinrieh Dittmar.
MWas nieht dein ist, Kind, das rühre nicht an; denn
es brennt, und einmal hat es einem Knaben sogar das
Herz abgebrannt, weil es demselben sein unreéchtmäbiges
Verlangen stets allzu dienstfertig gestillt hat. Der nahm
wie eine Ulster alles, was ihm gefiel, heimlich hinweg,
obgleiceh er wubte, daß es eine dünde ist, die einem in
manchem Lande ein feuriges ABO auf den Rũücken brennt,
daß, wenn er das Wams auszieht, allo Welt lesen kann,
wes Geistes Kind der Gebrannte ist. Diesmal aber hat
das kalte Wasser die Peuerstelle vertreten und jenem
Jungen ein Zeichen auf dié Brust gebrannt, dab ihm der
Atem böser Begierden gleich ausging. Einmal stahl er
nämlieh ein paar Steine ungelöschten Kalkes und versteckte
sie im Busen. Gleich darauf begegneteé ihm ein Kamerad,
der zwei Pferde in die sSehwemme ritt, und — hast du
nicht gesehen! sab unser Diebesjunge oben auf dem andern
Pferde, und nun ging's in vollem Jagen nach der Schwemme.
Mitten im Wasser aber fiel's dem Pferde ein, sich zu legen,
und Spitzbübehen fiel herunter. Weil er aber schwimmen
konnte, so sehwamm er eine gute Streeke fort. Auf ein—
mal aber fing er jämmerlich an zu schreien: „Holft, heltft,
ieh verbrenne!“ — Aber die Leuteé, die ibn sehwimmen
sahen, meinten, er habe sie zum besten, dieweil ja kaltes
Wasser niecht brenne. Der Junge sank bald unter, bald
kam er wieder herauf, einmal mit dem Kopfe, dann mit,
den Beinen, zuletzt ganz, aber aueh ganz — tot. Der
brennend gewordene Kalk hatte dureh die Haut bis ins
Innerste gefresson. — Gelt, Kind, was nicht dein ist, das
rühre nicht an; denn es brennt — mindestens auf dem
Gewissen!
128. Ehrlich währt am längsten.
Friedrich Hofmann.
1. Hör, Spitzchen“, spricht Pudelchen, „es ist schon recht
dunkel, und der Herr kann uns nicht sehen.“