Full text: Lehrbuch der Geschichte für die oberen Klassen höherer Lehranstalten

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der Wohlstand gehoben; der Sinn für Kunst und Kunstfertigkeit waren 
weit verbreitet, wie Straßen, Brücken, Wasserleitungen, Bäder und 
Amphitheater, Paläste, Vasen, Skulpturwerke aus allen Teilen des 
Reiches beweisen. Alle Provinzen waren von der griechisch-römischen 
Bildung durchdrungen. Auch die Litteratur hatte noch bedeutende 
Namen: die Satiriker Juvenalis und Martialis (um 100); Quin- 
tilian, Verfasser eines Lehrbuches der Redekunst (um 100), Plinius 
der ältere, Verfasser einer Naturgeschichte, beim Vesuvausbruch 79 um¬ 
gekommen, und der jüngere, Trajans Freund, aus den er eine Lobrede 
(Panegyricus) versaßt hat; der Philosoph Seneca (t 65), freilich mehr 
ein Schönredner, als ein Charakter. Unter den Historikern ragt in 
einsamer Größe der größte römische, Cornelius Tacitus (t ca. 117): 
er hat über seinen Schwiegervater Agricola, die Zustände Germanias, 
die römische Kaisergeschichte (Historien und Annalen) in gedankenschwerer 
Sprache und mit republikanischer Freiheitsliebe geschrieben. Neben ihm 
mag der wackere Grieche Plutarch (t ca. 130) genannt werden. Später 
gings aus allen Gebieten abwärts. Nur die echt römische Rechts- 
Wissenschaft hatte in der traurigen Folgezeit ihre berühmtesten Meister, 
Papinianns unter Caracalla, Paulus und Ulpianus unter Alexander 
Severus, b. In Religion und Sittlichkeit ging ohnedies der 
Verfall weiter. Die Gebildeten huldigten meist dem Epikureismus, die 
Edleren der aristokratischen Lehre der Stoa, die den Weisen sich von 
der Welt zurückziehen ließ und in ihrem Pantheismus den Götter- 
glauben entwurzelte (S. 79). Im Volk zeigte sich der Verfall der 
Religion im Auskommen sremder Kulte (des Baal, Mithras, Isis und 
Serapis u. s. w.), einer Religionsmengerei, welche von der neupla- 
tonischen Philosophenschule befördert wurde, und in dem Aufkommen 
von Geheimdiensten (Mysterien), in denen man oft unter entsetzlichen 
Selbstpeinigungen Erlösung und Frieden suchte. Spötter wieLucian 
(ca. 130—200) sehen mit Hohn aus diesen abergläubischen „Hexen- 
sabbath", in dem der heitere Götterdienst des alten Heidentums unterging. 
III. |>ie Zeit der Soldatenkaiser (180—284). 
1. Mit Marc Aurels unwürdigem Sohne Commodns begann eine 
Zeit traurigen Verfalles. Die Prätorianer und bald auch die übrigen 
Soldaten rissen die Macht an sich, erhoben und erschlugen ihre Kaiser. 
Dabei begann die Widerstandskraft des Reiches gegenüber den aus- 
wärtigen, besonders germanischen Feinden zu erlahmen. An den 
Grenzen erschienen germanische Völker, Goten, Alamannen, Franken. 
Das Reich wankte in seinen Grundsesten. Dann suchten uach _ 250 
bessere Soldatenkaiser, im Feld ergraute Generale mit schwärmerischer 
Verehrung sür das alte Rom, mit hoher Achtung vor dem Senat, in 
glücklichen Kämpfen den Staat wieder zu festigen, bis Diocletian einen 
Neubau versuchte. 
2. Nur kurz überblicken wir das einzelne. Com modus be- 
endigte rasch den Krieg an der Donau und regierte nach besseren 
Ansängen als ein zweiter Nero an wilder Grausamkeit, maßloser Un¬ 
zucht und lächerlicher Eitelkeit. Nur sür die Circusspiele, Gladiatoren-
	        
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