Full text: Mit einem Titelbild, 76 Abbildungen im Text und 20 Buchschmuckzeichnungen (Teil 2 = (2., 3. und 4. Schuljahr), [Schülerband])

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klm Tage nach dem Kindtaufsschmaus kam der Besitzer des Pflaumen— 
baumes mit einer langen Leiter und einem großen Korbe in den Garten. 
Er stieg hinauf, pflückte alle Pflaumen ab, schüttete sie in den Korb und 
trug diesen fort. Als er die Gartentür hinter sich geschlossen hatte, da fing 
herr Spatz, der sich bisher mäuschenstill gehalten hatte, laut an zu 
schimpfen. Er schrie: „Was ist das für eine Art, den Leuten das Essen 
so vor der Nase fortzunehmen?“ Die Spätzin kraute sich mit ihrem Füßchen 
hinter dem Ohr und meinte: „Ja, wovon leben wir nun?“ Und Piep, 
Schniep, Siep, Sirp und Matz sperrten hungrig die Schnäblein auf und 
begannen entsetzlich zu schreien. Da erschien Hilfe in der Not. 
Die Tante Kohlmeise, die gestern auch an dem Kindtaufsschmaus teil⸗ 
genommen hatte, kam zu Besuch, um sich zu erkundigen, wie der Spatzen⸗ 
familie das Fest bekommen wäre. Und da sie eine noble Dame war, die 
sich nicht gerne etwas schenken ließ, hatte sie eine Menge Körner mit— 
gebracht. Sie wohnte nämlich in der Nähe eines Hhühnerhofes, und der 
Hherr Kikeriki, der ein guter Freund von ihr war, schenkte ihr gerne, 
was seine hennen und Küchlein von der Mahlzeit übrigließen. Er hatte 
auch nichts dagegen gehabt, daß der Vater Spatz manchmal die Tante 
Kohlmeise begleitete, denn sie allein konnte nicht soviel forttragen, um den 
Hhunger von Piep, Schniep, Ziep, Sirp und Matz zu stillen. 
155. Ein Spatzengespräch. 
G. Chr. Dieffenbach. 
„Ich bin froh,“ sagte der alte Hherr Spatz zu seiner Frau, „daß die 
Sänger und Pfeifer nun alle fort sind; auch die hochmütigen Schwalben 
rüsten sich zur Abreise, und der langnasige und hochbeinige Storch ist schon 
abgezogen.“ — „So geht es mir auch,“ sagte Frau Spatz; „ich begreife 
gar nicht, warum die Menschen aus dem Gesange der Nachtigall und der 
Lerche und der andern Gesellschaft so großes Wesen machen. Mir gefällt 
der lustige Gesang unserer Kinder viel besser, und ich verstehe doch auch 
etwas von Musik und Gesang.“ 
„Du hast recht,“ erwiderte der Herr Gemahl; „die Menschen sind 
sehr töricht und ungerecht. Von unserm Gesange wollen sie nichts wissen, 
und wir singen doch unsere schönen Lieder das ganze Jahr ihnen vor. Wir 
sollten zur Strafe für die undankbaren Menschen eigentlich auch fortziehen.“ 
„O nein, mein Lieber,“ sagte die Frau, „da wären wir ja Narren. 
Warum sollen wir fortziehen? Bleibe im Lande und nähre dich redlich, 
das ist mein Grundsatz. hier wissen wir, wo der Bauer seinen Roggen 
und seinen Weizen hat; wer weiß, wie es in der Fremde aussieht!“ —Ddu
	        
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