204 Das Zeitalter der Zerstörung des alten und der Entstehung des neuen Reich«.
Y.V.
tänigkeitsverhältnis zum Gutsherrn; sie waren ferner nicht Eigentümer
ihres Hofes, sondern der Gutsherr galt als Obereigentümer; sie waren
endlich verpflichtet, auf dem Gutshofe Frondienste zu leisten. Schon seit
seiner Thronbesteigung war König Friedrich Wilhelm III. bemüht gewesen,
ihre Verhältnisse zu bessern. Jetzt wurde durch ein Edikt die Gutsunter¬
tänigkeit aufgehoben. „Mit dem Martinitage 1810", sagte das Edikt, „hört
alle Gutsuntertänigkeit in unsern sämtlichen Staaten auf. Nach dem
Martinitage 1810 gibt es nur freie Leute."
^ständischen Durch dasselbe Edikt wurden die wirtschaftlichen Schranken,
fchräSüngen. die bisher unter den Ständen bestanden hatten, aufgehoben. Nach dem
Willen Friedrichs des Großen war dem Adel der Besitz der großen Güter
vorbehalten gewesen, dem Bürgerstand waren Gewerbe, Handel und die ge¬
lehrten Berufe, dem Bauernstand der Betrieb der Landwirtschaft zugewiesen.
Von dieser Regel waren bisher nur in Ausnahmefällen Abweichungen ge¬
stattet worden. Jetzt wurde dem Bürger gestattet, adlige Güter zu er¬
werben, dem Adligen wie auch dem Bauer, bürgerliche Berufe zu ergreifen.
So hörte der schroffe Standesunterschied auf, und allen Bürgern wurde
Freiheit der Berufswahl zugesprochen.
Neuordnung Sodann wurde eine Neuordnung der Staatsverwaltung vor-
Verwaltung, bereitet. Ein einheitliches Ministerium sollte den Staat leiten. Regie¬
rungen traten an die Spitze der Teile des Staats; mehrere Regierungs¬
bezirke sollten zu Provinzen vereinigt und diese von Oberpräsidenten ver¬
waltet werden.
o^nung. ®ert Städten aber wurde durch die Städteordnung die Selbst¬
verwaltung gegeben, d. h. das Recht, ihre Angelegenheiten unter Aufsicht
der Regierung selbst zu verwalten. Die Bürgerschaft wählt seitdem Stadt¬
verordnete; diese wählen ihrerseits die Mitglieder des Magistrats, die
Bürgermeister und Stadträte, und üben eine Aufsicht über die städtische
Verwaltung aus. Ein Teil der Stadträte führt das Amt unentgeltlich als
ein Ehrenamt.
Stein gedachte ferner trotz des vielfachen Widerstandes, auf den er
traf, eine preußische Volksvertretung zu schaffen und Preußen so zu
einem konstitutionellen Staat umzubilden. Da wurde durch eine unglückliche
6tui8ol!cilV? Rügung seiner Tätigkeit in Preußen ein Ende gemacht. Ein Brief, in
welchem er von der Notwendigkeit sprach, die Erbitterung gegen die napoleo-
nische Fremdherrschaft auch in den abgetretenen Gebieten zu nähren, geriet
in die Hände der Franzosen und wurde von ihnen veröffentlicht. Darauf
legte er im November 1808 sein Amt nieder. Aber Napoleon, der ihn
leidenschaftlich haßte, war damit nicht zufrieden; von Spanien aus, wo er