Full text: [Band 2, [Schülerband]] (Band 2, [Schülerband])

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274. Ein kühner Ritt. 
Am Abend des 23. Juli 1870 wurde dem württembergischen 
Hauptmann Grafen Zeppelin der Auftrag erteilt zu erforschen, wo 
sich die dritte Division der Armee Mac Mahons befände. Vier 
Offiziere waren bereit, an dem gefährlichen Ritte teilzunehmen, und 
acht Dragoner wurden ihnen als Begleitmannschaft mitgegeben. 
Unentdeckt gelangte man bis an die kleine feindliche Festung 
Lauterburg, die man nicht durch einen Umweg umgehen wollte. Als 
die dreizehn kühnen Reiter, die Säbel in der Faust, mit laut jubelndem 
Hurra ins Tor sprengten, stürzte die aus wenigen Leuten bestehende 
Wache zwar an die Gewehre, stob aber ebensoschnell auseinander 
und flüchtete sich in die nächsten Häuser. In sausendem Galopp ging 
es durch die Festung und zum andern Tore hinaus. Bei dem Dorfe 
Kröttweiler wurde eine französische Patrouille überfallen und zum— 
teil gefangen genommen. Von hier aus schickte Graf Zeppelin einen 
der Offiziere und drei Dragoner mit wichtigen Meldungen nach 
Karlsruhe zurück. Die anderen drangen weiter vor, doch so, daß sie 
jedes Zusammenstoßen mit den umherstreifenden Feinden vermieden. 
Die Nacht brachten sie schlaflos in einem Gehölze zu. Die Reiter 
lagen dicht zusammengeschart am Boden, ihre gesattelten Pferde am 
Zügel haltend; kaum durften sie wagen, leise Worte zu wechseln. 
Mit Tagesgrauen brachen sie auf und rückten unter Vermeidung der 
Ortschaften auf der Straße nach Wörth vor. Gegen Mittag stellte 
es sich heraus, daß eine Rast zum Füttern und namentlich auch zum 
Tränken der Pferde gemacht werden müsse. Dies konnte, da sonst 
kein Wasser zu entdecken war, nur an einem Brunnen geschehen. Ein 
solcher mußte sich auf dem Scheuerlenhofe befinden, einem einsamen 
Gehöfte, in dessen Nähe man gelangt war. Möglichst schnell tränkte 
man die erschöpften Rosse und warf ihnen Futter vor. Eben wurde 
für die Reiter eine Schüssel dampfender Kartoffeln aufgetragen, 
da rief der ausgestellte Posten mit gellender, nichts Gutes verheißender 
Stimme: „Raus!“ Im vollen Galopp jagten mehrere feindliche 
Reiterabteilungen in den Hof, und sofort entspann sich ein hitziges 
Gefecht. Zunächst galt es, sich über den Hof zu den Pferden durch— 
zuschlagen. Bei der starken Übermacht konnte der Widerstand nicht 
von langer Dauer sein. Schon eine Minute nach Beginn des 
Kampfes waren alle fünf Dragoner schwer, zwei Leutnants leicht 
verwundet; der dritte Offizier aber lag tot am Boden. Um zu 
prüfen, ob hinter dem Hause ein Entkommen möglich wäre, lief Graf 
Zeppelin nach der Hintertür. In ihrer Nähe hielt eine Bauernfrau
	        
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